Philip Zeschmann 2. Rede zum Antrag von BVB/FW „Fachkräftemangel in Engpassberufen“ – 21.09.2023

21. Sep 2023

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Ich bin ehrlich gesagt etwas erschüttert von der Debatte, weil ich den Eindruck habe, niemand hat den Antrag richtig gelesen oder verstanden –

(Lachen des Abgeordneten Bretz [CDU])

und die zugegebenermaßen etwas komplexe Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage schon gar nicht.

Wir haben uns sehr lange damit auseinandergesetzt. Es geht hierbei um einige Ausbildungsgänge – das habe ich ja herausgearbeitet -, für die eben noch Schulgeld gezahlt werden muss, die es nur an privaten Fachschulen gibt – also eine schulische Ausbildung, Herr Bommert, keine betriebliche, kein duales Ausbildungssystem. Ich glaube, Herr Klemp und der Kollege davor – da muss ich erst mal nachschauen …

(Walter [DIE LINKE]: Walter!)

– Ach ja, das war Herr Walter, genau. – Sie haben eben noch einmal ausgeführt, dass – das ist richtig – in der Antwort auf die Kleine Anfrage steht, dass über verschiedene Umlagesysteme nach SGB IX oder SGB V – oder wenn so eine Schule eine Kooperation mit einem Krankenhaus durchführt – eine Querfinanzierung gegeben ist. Das Krankenhaus hat nämlich sozusagen ein Interesse daran, dass die entsprechenden Fachkräfte, die fehlen, ausgebildet werden.

Es gibt – und das haben wir sehr gründlich und intensiv recherchiert – aber schon jetzt rund 6 000 Auszubildende für diese Mangelberufe – obwohl sie dort noch Schulgeld zahlen müssen -, die eben Schulgeld zahlen und die keine Ausbildungsvergütung bekommen. – Herr Walter, wir waren uns ja einig, dass es nicht angehen kann, dass Schulgeld gezahlt werden muss, und dass diese Auszubildenden auch irgendeine Art von Ausbildungsvergütung bekommen müssen. – Und wenn ich also mit 6 000 Menschen rechne – das ist die entsprechende Zahl über drei Ausbildungsjahrgänge -, komme ich bezüglich des Schulgeldersatzes auf 54 Millionen Euro pro Jahr. Das ist der erste Schritt. Wir haben in dem Antrag ja verschiedene Schritte definiert, die wir, denke ich, problemlos mit den Mitteln des ESF Plus finanzieren können, denn wenn ich es richtig in Erinnerung habe, stehen für den ESF Plus 371 Millionen Euro zur Verfügung.

Wenn wir den Menschen darüber hinaus eine Ausbildungsvergütung zahlen wollen, kommt natürlich noch ein kräftiger Batzen dazu; das ist richtig. Daraus ergibt sich aber die Frage – wir haben auch geschaut, wie hoch laut IHK die durchschnittliche Ausbildungsvergütung ist -: Was wollen wir ihnen bezahlen? Wollen wir ihnen eine durchschnittliche Ausbildungsvergütung bezahlen? Wollen wir ihnen am Anfang eine kleinere Ausbildungsvergütung bezahlen, weil wir gleichzeitig das Schulgeld abschaffen?

Der Knackpunkt ist, da anzusetzen und dort zu helfen, wo die Mangelsituation besteht. Und ich glaube, Herr Klemp hat gesagt – genau, er hat das herausgearbeitet -, dass hier ja nur noch wenige Bereiche übrig seien. Es geht aber definitiv nicht nur um die eine Schule in Potsdam – wie gesagt, wir haben das landesweit recherchiert und kamen auf aktuell ungefähr 6 000 Auszubildende. Herr Klemp, Sie haben auch gefordert – da bin ich bei Ihnen -, das Schulgeld sollte für alle abgeschafft werden. Aber das beißt sich in den Schwanz, denn wir wollen diese Lücke ja genau da, wo noch Schulgeld gezahlt werden muss

(Beifall BVB/FW)

– also für die 6 000 Betroffenen -, schließen.

Das Land Berlin hat das übrigens schon vor zwei Jahren getan. Deswegen kann ich nur sagen: Wenn die Menschen ihre Ausbildung in Berlin beginnen – und viele Brandenburger, ich glaube, knapp 50 %, leben am Berliner Stadtrand -, dann sind sie weg, dann sind sie in Berlin und arbeiten danach wahrscheinlich auch in Berlin. Wir wollen aber, dass wir unsere Bedarfe decken

(Beifall BVB/FW)

und dass wir da, wo es besonders knapp ist, wo es besonders wichtig für diese Gesellschaft ist – bei Kitaerzieherinnen und im Gesundheitsbereich – wirklich helfen. Deswegen ist dieser Antrag ein gezielter Antrag – und er hat nicht den Anspruch, Herr Bommert, gleich alles in einem Stück abzuarbeiten, sondern eben wirklich gezielt dort anzupacken, wo es uns möglich ist.

Was kann ich jetzt noch sagen?

(Bretz [CDU]: Sie müssen nicht!)

Sie wollen die letzten Probleme, die es mit Schulgeld bei privaten Schulen gibt, offensichtlich nicht angehen. Das bedauern wir sehr.

Ich finde ein einheitliches Vorgehen im Raum Berlin-Brandenburg wichtig – dass wir den Berlinern hinterherziehen.

Ich kann nur empfehlen, den Antrag zu unterstützen und ihn auf den Weg zu bringen. Alles, was da an Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag des Bundes vorgelesen wurde, glaube ich erst dann, wenn es kommt.

(Beifall BVB/FW)

Im Koalitionsvertrag dieser Landesregierung stehen auch ganz viele Dinge, die nach vier Jahren noch nicht einmal angegangen und schon gar nicht umgesetzt wurden. Deswegen sollte erst einmal gezeigt werden, dass es wirklich, konkret kommt. Wir sind aber natürlich auch für jede andere Lösung offen, um diese Probleme möglichst schnell anzugehen. – Danke.

(Beifall BVB/FW)

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