Christine Wernicke Redebeitrag zum Antrag von BVB/FW „Gartenpädagogik an Schulen“ – 22.09.2023

22. Sep 2023

Rede von Christine Wernicke in Textform:

Christine Wernicke (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Manch einer meinte, wir sprechen heute über Hortensien, Begonien und Petunien. Die Hortensie steht für Achtung, Schönheit und Bewunderung, aber auch für Eitelkeit, die Begonie für Männerfreundschaft, die Petunie für: Verzage nie.

(Allgemeine Unruhe)

In diesem Sinne stellen wir heute unseren Antrag zur Gartenpädagogik.

Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht. – So lautet ein bekanntes Sprichwort. Auf viele Brandenburger Schülerinnen und Schüler trifft der umgekehrte Fall zu: Sie nehmen täglich Lebensmittel zu sich, von deren Herkunft und Anbau sie keinerlei Ahnung haben. Zwar ist seit der Coronapandemie ein höheres privates Interesse an Themen wie der Selbstversorgung und ein hohes Interesse junger Familien an Kleingartenparzellen zu verzeichnen, jedoch fehlt besonders im städtischen Raum vielen Kindern und Jugendlichen noch immer jeglicher Bezug zur Lebensmittelproduktion.

(Beifall BVB/FW – Frau Dannenberg [DIE LINKE]: Das sollen doch die Eltern machen!)

Der jederzeit mögliche schnelle Gang in den nahe gelegenen Supermarkt mit dauerhafter Verfügbarkeit jeglicher Lebensmittel beliebiger Herkunft verstärkt diesen Zustand. Wer landwirtschaftliche Produkte kaufen und konsumieren möchte, kann das tun, ohne sich auch nur im Geringsten mit deren Herkunft und Entstehung zu beschäftigen. Viele junge Leute kennen die Biografien amerikanischer Basketballstars auswendig, sie kennen die Dialoge der aktuell populärsten Netflix-Serien und wissen immer, welche Frisur weltweit gerade angesagt ist. Doch wo ihr eigenes Essen herkommt, das wissen viele nicht.

(Beifall BVB/FW)

Nach den Vorstellungen einiger junger Leute füllen sich die Regale bei Aldi, Rewe und Co. von selbst – ganz unabhängig von Wetterextremen, Tierseuchenausbrüchen und den Düngemittelpreisen. Eine eindringliche Beschäftigung mit diesem wichtigen Thema ist nicht nur notwendig, um die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Lebensmitteln zu verstehen, sondern vor allem auch, um Nahrungsmittel besser wertschätzen zu können.

(Beifall BVB/FW)

Laut der Brandenburger Verbraucherzentrale landet rund ein Drittel aller Lebensmittel ungenutzt in der Abfalltonne. Zudem sind gewisse Grundkenntnisse der Lebensmittelerzeugung die Voraussetzung für den viel geforderten zielorientierten Dialog zwischen Landwirten und Verbrauchern und für eine höhere Wertschätzung derer, die uns durch ihre Arbeit täglich mit dem Notwendigsten versorgen – mit Lebensmitteln. Und ich muss es noch mal deutlich sagen: Das sind die Mittel, die wir fürs Überleben brauchen – ohne geht es nicht.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Hünich [AfD])

Einige Schulen nehmen bereits freiwillig an Projekten wie „Landwirtschaft macht Schule“ oder „GemüseAckerdemie“ teil. In Waldorfschulen sind Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse dazu verpflichtet, ein zweiwöchiges Landwirtschaftspraktikum zu absolvieren. Landesweite Regelungen gibt es bislang jedoch nicht – das möchten wir ändern.

(Beifall BVB/FW)

Schon im Wahlprogramm 2019 haben wir BVB / FREIE WÄHLER uns zum Ziel gesetzt, das Unterrichtsfach Ernährung und Umwelt zu etablieren. So weit soll dieser Antrag heute allerdings nicht gehen.

(Hünich [AfD]: Schade!)

Auch wenn im derzeitigen Rahmenlehrplan das Thema „Woher kommen Obst und Gemüse?“ enthalten ist, reicht das nicht aus. Unsere Lebensmittel bestehen nämlich nicht nur aus Obst und Gemüse, sondern aus vielen in der regionalen Landwirtschaft angebauten Produkten. Dieser Bereich wird leider auch nicht durch das Themenfeld „Landwirtschaft in Deutschland und ihre natürlichen Voraussetzungen“ abgedeckt, denn die Produktion der zum Leben notwendigen Lebensmittel ist dafür viel zu komplex.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte der deutsche Orthopäde und Hochschullehrer Dr. Moritz Schreber ein Konzept zur gesunden Erziehung und Heilung von Kindern durch körperliche Ertüchtigung mit Fokus auf die Naturmitgabe; so wurden Kleingärten erstmals für Lehreinheiten genutzt. Ihm zu Ehren wurden die Anlagen nach seinem Tod Schrebergärten genannt. Dieses Wissen und diese Erfahrungen sollten wir auch heute nutzen.

(Beifall BVB/FW)

Eine größere Wertschätzung der Lebensmittel kann nur dann erreicht werden, wenn bereits im Kindesalter in diesem Bereich mit einer intensiven Bildung begonnen wird. Und diese Themen dürfen nicht nur als Anregung im Rahmenlehrplan enthalten sein, sondern sie sollten Pflichtprogramm werden.

(Beifall BVB/FW)

Für das Verständnis der äußerst verflochtenen Zusammenhänge zwischen Lebensmittelproduktion, ökologischem Kreislauf und biologischer Vielfalt bedarf es der Erweiterung des Rahmenlehrplans.

(Beifall BVB/FW)

Von daher bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall BVB/FW)

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