Matthias Stefke zur Aktuellen Stunde von CDU-Antrag „Antisemitismus konsequent entgegentreten“ – 23.11.2023

23. Nov 2023

Rede von Matthias Stefke in Textform:

Matthias Stefke:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer an den Bildschirmen und auf der Tribüne! Sehr geehrter Herr Landesrabbiner Kirzon! Ich bedaure, dass die heutige Debatte zumindest in Teilen in einem politischen Klima geführt wird, die dem Thema nicht angemessen ist.

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE sowie der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Vida und Wernicke)

Danke an die CDU-Fraktion dafür, dass sie für diese Aktuelle Stunde dieses hochaktuelle Thema gewählt hat. Noch immer stehen wir unter dem Eindruck des barbarischen, terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel und auch vor den daraus resultierenden Folgen vor allem für die Menschen, die an der Ursache keinen Anteil haben: schuldlose Frauen, Kinder, Alte und Kranke – Angehörige von Geiseln, die die Hamas am 7. Oktober verschleppt hat und deren Schicksal entweder ungewiss ist oder sich für sie zum schmerzvollen Leid geklärt hat, weil sie – nachdem sie auf das Brutalste gequält, misshandelt und vergewaltigt wurden – getötet wurden. Und damit nicht genug: Viele der Leichen, auch von Babys, wurden auf bestialische Weise geschändet, teilweise zerstückelt. Umso mehr ist zu verurteilen, wenn hierzulande Demonstrationen stattfinden, die sich von dem terroristischen Überfall nicht nur nicht klar und unmissverständlich abgrenzen, sondern auf Plakaten, Transparenten oder durch lauthals verkündete Parolen Verständnis äußern oder sie sogar noch unterstützen.

Ich sage für unsere Abgeordneten von BVB/Freie Wähler noch einmal ganz klar: Wir distanzieren uns von derartigen Kundgebungen ohne Wenn und Aber und verurteilen sie auf das Schärfste.

(Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE sowie der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Vida und Wernicke)

Und, meine Damen und Herren, sie stoßen auch an die Grenzen dessen, was durch die Versammlungsfreiheit, das Demonstrationsrecht, in unserem Land gedeckt ist. Nein, Sie überschreiten diese Grenzen sogar. Deshalb findet es unsere Unterstützung, wenn dem von der Polizei durch konsequentes Einschreiten Einhalt geboten wird.

Wir wenden uns auch gegen jede Relativierung der unfassbaren Verbrechen – etwa mit Hinweis auf die jahrzehntelange Siedlungspolitik oder andere politische Ereignisse. Nein, nichts rechtfertigt diesen zutiefst inhumanen, verbrecherischen Akt. Keinem Staat und keiner politischen Organisation ist es gestattet, seine Nachbarn zu überfallen, um Landgewinne zu erzielen, Menschen in Geiselhaft zu nehmen oder wahllos zu töten, wie es die Hamas am 7. Oktober getan hat.

Und – das ist mir, das ist uns auch wichtig -: Die deutsche Staatsräson, also die historische Notwendigkeit und Verpflichtung zur Solidarität mit Israel, bezieht sich immer auf den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger und nicht auf eine wie auch immer politisch zusammengesetzte Regierung Israels. Sie unterstützt politisch und moralisch das Existenz- und das Selbstbestimmungsrecht Israels und seiner Staatsbürger und beruht auf dem Grundsatz, wonach ein Staat, in dem Fall Israel, berechtigt ist, sich bei der Rechtfertigung der eigenen Außenpolitik darauf zu berufen, dass die Eigeninteressen der Nation Vorrang haben. In diesem Sinne ist die Staatsräson als ein vernunftgeleitetes Interessenkalkül einer Regierung definiert, das unabhängig von der Regierungsform und einzig auf die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Staates gerichtet ist. Anders gesagt ist die Staatsräson die Forderung, dass der Staat sich gegen Verbrechen erfolgreich durchsetzen muss, um unter anderem Erpressung und Nachahmung zu verhindern.

Neben dem Blick nach Nahost und dem Interesse an der weiteren Entwicklung – einer hoffentlich friedlichen Entwicklung – haben wir aber auch den kritischen Blick in unser eigenes Land zu richten. Wie dürfen Antisemitismus in Deutschland nicht allein ideologisch oder islamistisch verbrämt mit Migrationshintergrund zuschreiben.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Vida und Wernicke sowie vereinzelt SPD, B90/GRÜNE und DIE LINKE)

Nein, es hat auch vor dem 7. Oktober in Deutschland antisemitische Aktionen gegeben, die unseren Landsleuten zuzuschreiben sind. Auch hiergegen müssen wir klar und deutlich unser Wort erheben. Nie wieder dürfen Häuser, Geschäfte und Einrichtungen, in denen Menschen jüdischen Glaubens beten, leben oder arbeiten mit einem Judenstern beschmiert werden, um sie in entwürdigender Weise zu stigmatisieren. Nie wieder dürfen deren Fensterscheiben zerschlagen oder ihre Häuser in Brand gesetzt werden oder Jüdinnen und Juden auf unseren Straßen und Plätzen in Angst um ihre persönliche Unversehrtheit leben müssen.

Und: „Nie wieder ist jetzt!“ Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist unser aller Zivilcourage gefragt. Jetzt gilt es, sich denen entgegenzustellen, die alte Ressentiments bedienen und schüren, und jetzt sind wir alle gefordert, uns an die Seite der verbal oder körperlich Angegriffenen zu stellen.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Vida und Wernicke sowie vereinzelt SPD, B90/GRÜNE und DIE LINKE)

BVB/Freie Wähler sind in Gedanken an der Seite der Menschen in Israel, die am 7. Oktober Unvorstellbares erlebt und überlebt haben, bei den Angehörigen der Todesopfer und der Verschleppten, und hoffen, dass sie alle möglichst bald – vielleicht in diesen Stunden schon – vor ihren Entführern freigelassen werden oder befreit werden und sie die Schrecken mit zeitlichem Abstand zu den Ereignissen verarbeiten können.

Wir bedauern selbstverständlich auch die unschuldigen Toten und Verletzten der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen. Es ist ein Gebot der Menschlichkeit, auch dies klar zum Ausdruck zu bringen, und bedeutet keinen Abstrich an der deutschen Staatsräson.

Hoffen wir gemeinsam auf baldigen und dauerhaften Frieden in Nahost. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der fraktionslosen Abgeordneten Nicklisch, Vida und Wernicke sowie SPD, CDU, B90/GRÜNE und DIE LINKE)

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