Philip Zeschmann zum Gesetzentwurf zum „Solar-Euro“ der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen – 19.10.2023

19. Okt. 2023

Rede von Philip Zeschmann in Textform

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Hier geht es wieder einmal um einen vermeintlichen Geldregen für unsere Kommunen – es wurde ja schon viel über Geld gesprochen -, in diesem Fall aus einem PV-Euro für Photovoltaik-Freiflächenanlagen; wir haben es schon gehört.

Aber betrachten wir noch einmal die Details des Vorbildes, des Windkrafteuros. Die Anwohner der betreffenden Gemeinden erhielten 2022 im Monat durchschnittlich 42 Cent.

(Frau Wernicke [BVB/FW]: Wow, so viel!)

– Ja. So etwas wird dann öffentlich als „Geldregen“ bezeichnet. Bei den aktuellen Strompreisen kann man sich von diesem „Geldregen“ pro Einwohner ungefähr ein Brötchen im Monat leisten.

Die Windkraftindustrie erhält übrigens im Jahr allein von Brandenburger Steuerzahlern anteilig Hunderte Millionen Euro an Subventionen.

(Rostock [B90/GRÜNE]: Welche denn?)

Wir haben das einmal heruntergerechnet; es sind pro Einwohner und Jahr 123 Euro.

(Zuruf von der AfD: Viel mehr Brötchen!)

– Ja, es ist ein bisschen mehr.

Wir haben das für jeden Ort, der vom Windkrafteuro profitiert, ausgerechnet. In jedem Ort liegt die anteilige Steuerbelastung der Bürger durch das EEG deutlich höher als das, was als Windkrafteuro zurückkommt.

Fragen eines anderen Abgeordneten (Frage und Name darf aus protokollarischen Gründen nicht hier erscheinen.)

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sie nehmen also den Bürgern 123 Euro pro Jahr aus der rechten Tasche und geben ihnen 5,04 Euro in die linke Tasche zurück.

(Beifall der Abgeordneten Stefke [BVB/FW] und Dresnke [AfD])

Und dieses „Erfolgsrezept“ des Windkrafteuros wollen Sie als PV-Euro auf den Solarbereich übertragen?

Vizepräsident Galau:

Herr Dr. Zeschmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rostock zu?

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ich würde gern den Satz noch zu Ende bringen. – Insgesamt bekamen die vom Windkrafteuro profitierenden Kommunen nur 4 % – 4 %! – dessen, was den Bürgerinnen und Bürgern vorher anteilig als Steuermittel für die EEG-Subventionen weggenommen wurde, wieder ausgezahlt. Und damit wollen Sie die Akzeptanz der Windkraft und jetzt der PV-Anlagen bei den betroffenen Menschen erhöhen? Mit Almosen? Übrigens war das kritisiert worden mit den Almosen. In Ihrem Entwurf steht unter Punkt 3 der Begründung, aufgrund der „Geringfügigkeit“ habe das Gesetz keine Auswirkungen auf die Investitionen. Sie geben also selbst zu, dass es Almosen sind.

(Beifall BVB/FW)

Vizepräsident Galau: Lassen Sie jetzt die Zwischenfrage zu?

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ja, wenn meine Zeit angehalten wird, kann jetzt Herr Rostock gern seine Frage stellen.

Vizepräsident Galau: Bitte schön.

Fragen eines anderen Abgeordneten (Frage und Name darf aus protokollarischen Gründen nicht hier erscheinen.)

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Das ist die Berechnung für die Vergangenheit gewesen. Aber es ist auch so, dass neben der EEG-Belastung noch einiges hinzukommt. Das wissen wir doch. Die Windräder und die PV-Anlagen, die irgendwo in der Fläche, in der Regel im ländlichen Raum, gebaut werden, müssen natürlich auch angeschlossen werden. Es werde neue Kabel verlegt, neue Netze entstehen.

(Rostock [B90/GRÜNE]: Das sind keine Steuern! – Gegenruf des Abgeordneten Münschke [AfD])

Wir alle zahlen Netzentgelte. Dadurch steigen also leider auch unsere Kosten. Wir in Deutschland und damit in Brandenburg haben unter allen Industriegesellschaften weltweit schon die höchsten Strompreise, und dadurch steigen sie noch weiter an. Ich danke Ihnen für Ihre Zwischenfrage; dadurch konnte ich das noch einmal ausführen.

Aber ich war noch nicht am Ende meiner Ausführungen angelangt. Wie gesagt, Sie wollen mit Almosen die Akzeptanz erhöhen. Sie schreiben im Gesetzentwurf sogar selbst, dass dem so ist.

Dann wird es aber noch viel schlimmer – ich bin noch bei dem Beispiel Windkrafteuro -; denn für die zahlreichen schon bestehenden Anlagen wird nichts gezahlt. Das waren in Brandenburg im Jahr 2022 immerhin 98 % aller Windkraftanlagen!

Beispiele: In Heiligengrabe stehen Windkraftanlagen mit 186 Megawatt installierter Leistung, in Gerdshagen sind es 164 Megawatt, in Wustermark 152 Megawatt, in Jüterbog 150 Megawatt, in Schipkau ebenfalls 150 Megawatt. Keiner dieser Orte erhielt 2022 auch nur einen einzigen Cent vom Windkrafteuro. Die Anwohner der Bestandsanlagen kommen sich also mindestens veralbert vor; ich kann es hier im Parlament nicht anders ausdrücken.

Diese Liste war natürlich nicht vollständig. Wir haben sie, um Sie nicht übermäßig zu langweilen, auf Anlagen beschränkt, die eine Leistung von 150 MW oder mehr haben. Aber natürlich kann ich Ihnen jetzt auch noch alle weiteren Anlagen vortragen, wenn Sie das wünschen.

(Keller [SPD]: Ja!)

Jetzt wollen Sie dieses „Erfolgsmodell“ – also die gleiche Symbolpolitik wie beim Windkrafteuro – auf die Photovoltaikanlagen übertragen. Ist das wirklich Ihr Ernst? Glauben Sie wirklich, irgendjemand fühlt sich dadurch irgendwie bevorzugt behandelt? Sie haben vorhin sogar davon gesprochen, dass damit die Bedenken und Probleme der Menschen vor Ort gelöst würden. – Es tut mir leid, aber: Wieder betrifft es nur die neuen Anlagen und nicht die vielen schon bestehenden. Wieder sind es Almosen im Vergleich zu den Kosten, die den Bürger in den betroffenen Orten allein schon aufgrund des EEGs und für den Netzausbau entstehen. Das haben Sie wie gesagt selbst im Gesetzentwurf vorgelegt. Deswegen prophezeie ich …

Vizepräsident Galau:

Dr. Zeschmann, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Moment, ich bin noch mitten im Satz. – … Ihnen, dass diese von Ihnen wieder als Geldregen verkaufte „Lösung“, die Probleme lösen soll, obwohl es sich, – heruntergebrochen auf den einzelnen Bürger – zumeist um Cent- oder einstellige Eurobeträge handelt, nichts wirklich lösen wird. Es handelt sich weiterhin um reine Symbolpolitik.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Drenske [AfD])

So, bitte schön.

Vizepräsident Galau:

Bitte schön, Herr Barthel.

Fragen eines anderen Abgeordneten (Frage und Name darf aus protokollarischen Gründen nicht hier erscheinen.)

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ich danke Ihnen sehr herzlich für diese Frage; genau das ist das nächste Thema in meiner Rede. – Das ist der Punkt: Neben der Almosenfunktion, die dieser Windkrafteuro hat, hat er auch eine Bestechungsfunktion – es tut mir leid, aber das muss man so formulieren; Herr Münschke hat es ja schon ähnlich vorgetragen. Ich kenne viele Kommunen, in denen der Bürgermeister durch diese Zahlungen – ich formuliere es einmal freundlich – zum Lobbyisten für die Windkraftindustrie geworden ist und in denen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger trotz Gründung von Bürgerinitiativen, trotz Widerstand, trotz Öffentlichkeitsarbeit völlig übergangen worden sind.

(Münschke [AfD]: Immer noch!)

Hier wird ja behauptet, die Bürgerinnen und Bürger würden irgendwelche Punkte, irgendwelche Euros dafür bekommen, es würde ihrer Gemeinde besser gehen, sie würden davon profitieren. Aber das Gegenteil davon tritt ein: Die wirklich betroffenen Bürgerinnen und Bürger bekommen gar nichts. Hingegen werden die Bürgermeister in aller Regel – ich kenne einige Beispiele, etwa Müncheberg in Märkisch-Oderland –

(Münschke [AfD]: Mattendorf!)

zu Lobbyisten für die Windkraftindustrie

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Drenske [AfD])

und versuchen, das mit manchmal nicht unbedingt sehr redliche Vorgehensweisen in ihrer Region und ihrer Gemeinde durchzudrücken.

Vizepräsident Galau:

Lassen Sie eine weitere Frage zu?

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Nein, danke. – Aber das ist, wie gesagt, noch nicht alles. Hinzu kommt, dass der Windkrafteuro nicht an die direkt Betroffenen ausgezahlt wird, sondern dass die Bürgermeister ihn bekommen. Was hat das zur Folge? Die betroffenen Bürger müssen tagein, tagaus die Schattenwürfe und den Infraschall ertragen, bei Photovoltaikanlagen den der großen Wechselrichter.

(Zuruf des Abgeordneten Rostock [B90/GRÜNE])

Ich weiß nicht, ob Sie die Wechselrichter neben einer großen Freiflächenanlage schon einmal gehört haben. Wenn Sie in der Nähe davon wohnen, bedeutet das eine erhebliche Lärmbelastung.

Die Bürgermeister sind wegen der erwarteten Almosen für die oftmals leeren Kassen motiviert, sich als Verkaufsagenten der Projektentwickler zu gerieren – oftmals gegen ihre eigenen Bürger, das habe ich eben schon ausgeführt. Das ist keine Erfindung von mir, sondern das sind praktische Erfahrungen aus Gemeinden und Dörfern im Land Brandenburg, die über Menschen und Bürgerinitiativen in den letzten Jahren an uns herangetragen worden sind. Ob dabei zusätzlich noch andere Bestechungen erfolgen, will ich einmal dahingestellt sein lassen; das können wir natürlich nicht nachweisen.

Aber oftmals gibt es das eine oder andere Indiz, das auch das noch denkbar erscheinen lassen könnte. Also: Sie wollen nun die Akzeptanz für große Freiflächenanlagen wie in Hohensaaten erhöhen – ich habe Sie schon eben in meiner Kurzintervention danach gefragt -, wo Naturräume getrennt werden und flächendeckend Wald plattgemacht wird.

(Beifall BVB/FW)

Sie wollen offenbar auch unsere Nahrungsmittelerzeugung unterbinden, denn die Felder sind dazu dringend erforderlich. Wir haben hier gestern darüber gesprochen, dass wir lokale Nahrungsmittel erzeugen wollen; das passt wirklich überhaupt nicht zusammen. Ich dachte eigentlich, die Grünen wären für lokale Nahrungsmittel, für den Erhalt des Waldes, für den Verbund ökologischer Flächen.

(Beifall BVB/FW)

Vizepräsident Galau:

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ja. – Das wird nicht helfen, sondern säht nur noch mehr Zwietracht vor Ort, in den Dörfern und Gemeinden. Daher lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall BVB/FW)

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