Christine Wernicke begründet Antrag von BVB/FW Mehr Einfluß d. Bürger in d. Sparkassen – 21.09.2023

21. Sep 2023

Rede von Christine Wernicke in Textform:

Christine Wernicke (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle kennen die Sprichwörter, mit denen man zwar versucht, das Geld kleinzureden, aber gleichzeitig anerkennt, dass es ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Lebens ist. Zum Beispiel: „Geld ist nicht alles, aber ohne Geld ist alles nichts.“, oder: „Über Geld spricht man nicht, Geld hat man.“ – Geld zu besitzen und die Möglichkeit zu haben, es in Umlauf zu bringen oder einzukassieren, ist, wenn wir es einmal genauer betrachten, genauso wichtig wie Essen und Trinken.

(Beifall BVB/FW)

Es ist sogar so wichtig, dass der Staat den Fluss des Geldes, die Wertstabilität und seinen Bestand mit unzähligen Behörden und Personen von höchster Stelle aus überwacht. Es ist so wichtig, dass es seit immerhin 1838 Gesetze gibt, die jedem Bürger einen Zugang zum Geldsystem garantieren sollen. In der damaligen preußischen Gesetzessammlung wurde die Gründung einer Einrichtung festgelegt, welche hauptsächlich für – Zitat -: „das Bedürfniß der ärmeren Klasse, welcher Gelegenheit zur Anlegung kleiner Ersparnisse gegeben werden soll“, ausgerichtet ist. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der Ursprung der Sparkassen.

Die Sparkassen sind als eine Folge der Stein-Hardenbergschen Reformen Teil der kommunalen Selbstverwaltung und gehören deshalb zur Daseinsvorsorge.

(Beifall BVB/FW)

Übrigens: Einen Obelisken zur Erinnerung an die Stein-Hardenbergschen Reformen können Sie in meiner Heimatgemeinde Wolfshagen besichtigen.

Zurück zu den Sparkassen: Die Aufgabe der neu errichteten Sparkassen war es, auch denjenigen Geldgeschäfte zu ermöglichen, die die Geschäftsbanken aus Wirtschaftlichkeitsgründen eben nicht bedienen wollten. Diese Aufgabe besteht bis heute. Noch heute sind in vielen Sparkassengesetzen Gebote enthalten, auch wirtschaftlich schwächere Bevölkerungskreise zu versorgen. Und dieses Versorgungsgebot zielt nicht nur auf das Wer, sondern auch auf das Wo ab. Deshalb haben die Sparkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts den Auftrag, eben nicht nach Profit zu streben, sondern auch zulasten des Gewinns die gesamte Bevölkerung zu versorgen. Trotzdem verstehen sich die Sparkassen in Brandenburg in den letzten Jahren immer mehr als Geschäftsbanken: Günstige Girokonten sucht man landesweit vergebens, Kredite werden sehr restriktiv vergeben, und die meisten Brandenburger Sparkassen geben immer noch keine Zinsen auf Sparguthaben trotz massiver Anhebung der Leitzinsen.

Nun, die brandenburgischen Sparkassen haben sich zunehmend zu Geschäftsbanken entwickelt, die sich immer weiter von den Leitsätzen für die Neuorientierung der ostdeutschen Sparkassenorganisation und von der Weiterentwicklung des Verhältnisses zwischen Sparkassen und Kommunen entfernen. Diese Leitsätze richten sich unter anderem an die Sparkassen und ihre Vorstände, indem sie den Handlungsrahmen einer jeden Sparkasse abbilden. Diese Leitsätze richten sich an die Kommunen, an die Vorsitzenden der Verwaltungsräte und an die Verwaltungsratsmitglieder. Ich habe allerdings den Eindruck, dass mancher schon beim Lesen des Leitsatzes eins erschöpft ist und den Leitsatz zwei gar nicht mehr kennt,

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Walter [DIE LINKE])

wonach die Träger der Sparkassen für die Weiterentwicklung ihrer Region als attraktiven Lebensraum und Wirtschaftsstandort einstehen. Unter anderem ist dort vermerkt, dass Sparkassen ein wohnortnahes Angebot von Finanzdienstleistungen erbringen. So würden die Sparkassen einen wichtigen Beitrag auch für eine auf gleichwertige Lebensverhältnisse ausgerichtete föderative Ordnung in Deutschland leisten. Da frage ich mich: Warum sollen in letzter Zeit so viele Filialen geschlossen und Automaten zurückgebaut werden? Wo geht der Gewinn der Sparkassen eigentlich hin? Dabei meine ich nicht die Millionen von Euro, die auch die Sparkassen für die Umsetzung eines ihrer Leitziele zum Beispiel im Sinne der Träger für die Förderung öffentlicher und gemeinnütziger Zwecke ausgeben. Nein, was mich vielmehr stört, sind die horrenden Gehälter und Entschädigungen, die teilweise gezahlt werden.

(Beifall BVB/FW)

Nehmen wir einmal die Sparkasse Uckermark: Dort erhielten die beiden Vorstände im Jahr 2021 zusammen mehr als 638 000 Euro pro Jahr als Gehalt – ohne Prämien und Zuwendungen. Nachzulesen ist dies im Amtsblatt des Landkreises Uckermark. Seltsam ist, dass die Zahlen für die Gehälter der beiden Vorstände im Jahr 2022 nicht mehr veröffentlicht wurden. Sie sind sicher gestiegen. Die zwölf Verwaltungsräte erhalten für ihre Arbeit insgesamt 59 000 Euro pro Jahr. Nun sollen fünf Filialen geschlossen werden. Wie hoch ist eigentlich das Minus, das diese fünf Filialen in Summe eingefahren haben?

(Beifall BVB/FW)

Nichts Genaues weiß man. Ich habe versucht zu recherchieren; ich habe gehört – Hörensagen -, dass es ein niedriger fünfstelliger Jahresverlust sein soll. Trotzdem sollen sie komplett geschlossen werden. Und das ist bei Weitem kein Einzelfall. Prüfen Sie es bei Ihren örtlichen Vorständen und Verwaltungsräten. Sie werden feststellen, dass unser MP weniger verdient. Wenn er nicht beim RBB landet, kann er in den Sparkassenvorstand.

(Beifall BVB/FW)

Die Ursache dieser Entwicklung ist dabei recht einfach nachzuvollziehen: In einem viel beachteten Gutachten der Uni Münster stellte diese fest, dass das Brandenburgische Sparkassengesetz das liberalste Gesetz aller Bundesländer ist. Da sind wir einmal Spitze.

Die Verwaltungsräte der Brandenburger Sparkassen haben im Vergleich zu Hessen und Bayern geradezu lächerlich wenig Mitspracherecht und tragen damit auch keine Verantwortung. Deshalb ist es notwendig, dass die Verwaltungsräte, die in vielen Fällen auch politisch aktiv sind, die Filialschließungen entscheiden und rechtfertigen müssen, denn es ist eine Hauptaufgabe der Sparkassen, flächendeckend und wohnortnah Finanzdienstleistung und Bargeld anzubieten; aber nicht einmal das steht derzeit so im Sparkassengesetz.

Die Sparkassen Brandenburgs haben sich zu einer sparkassenrot lackierten Geschäftsbank entwickelt. Unsere Aufgabe ist es, dem entgegenzuwirken. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall BVB/FW)

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