Rede von Péter Vida in Textform:
Vida (BVB/FW): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Der Vorgang ist vom Justiziariat und der Compliance-Beauftragten des RBB geprüft worden. Sie sehen keinen Anlass zur Beanstandung. Ein polarisierender Artikel allein ist noch kein Grund für eine Befassung durch den Rundfunkrat, erst recht nicht für eine Sondersitzung, hieß es am 5. Juli 2022 im „Tagesspiegel“ von Friederike von Kirchbach, der ersten Heiligen der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg.
Ein Jahr und drei Dutzend Sondersitzungen später wissen wir: Über den RBB hat sich ein Mehltau der Selbstbegünstigung, der Gehässigkeit, der Verschwendung und der Prunksucht gelegt.
(Beifall BVB/FW)
Bedenkenlos wurden öffentliche Rundfunkbeiträge verschwendet. Die Liste ist unendlich und vor allem eines: Sie ist kleinkariert und größenwahnsinnig zugleich – einerseits zum Fremdschämen, andererseits zum Schreien.
(Beifall BVB/FW)
Diejenigen, die die Demokratie durch qualitative neutrale Berichterstattung stärken sollten, haben ihr den größten Bärendienst seit Bestehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erwiesen.
Es wurden Gehälter gezahlt wie Apanagen an einem Königshof, ein Bonus-System für das pünktliche Erscheinen, Anwesenheitsprämien, Spesenabrechnungen, als käme man von einer orientalischen Massenhochzeit, ein Netz gegenseitiger Begünstigungen in einer Weise, dass eine verschworene Bruderschaft noch etwas lernen könnte –
(Beifall BVB/FW)
und all dies auf Kosten der Bürger, die sich dann anhören mussten, dass der Rundfunkbeitrag ja eine Demokratieabgabe sei und Kritik daran übler Populismus. Tja, die, die den Mund so voll nahmen, um die Bürger zu maßregeln, sorgten sodann für diesen Skandal. Und dann besitzen manche noch die Respektlosigkeit und Hochnäsigkeit gegenüber den Beitragszahlern, derzeit an Beitragserhöhungen zu denken.
(Beifall BVB/FW)
Meine Damen und Herren, viele schlauen Leute haben zu all diesen Verschwendungen recherchiert, geschrieben und immer Neues herausgefunden. Die Liste ließe sich ewig fortsetzen. Das Haus des Rundfunks brannte lichterloh, weil von innen immer wieder Brandbeschleuniger nachgekippt wurden. Doch die Dimension all dessen wurde möglich, weil die Feuerwehr völlig versagte.
(Beifall BVB/FW)
Die Rechtsaufsicht in der Staatskanzlei, die das hätte erkennen können und erkennen müssen, um es zu stoppen, hat weggesehen, geschlafen und konnte so nicht einmal den Rauch riechen, der durch alle Ritzen kroch.
Ja, die Entstehung des Skandals ist das Werk von Patricia Schlesinger und WolfDieter Wolf – das Werk aber, diesen nicht rechtzeitig unterbunden zu haben, trägt den Namen Hubert Dietmar Woidke.
(Beifall BVB/FW und AfD)
Meine Damen und Herren, die Rechtsaufsicht hat die Aufgabe, darüber zu wachen, dass die Rundfunkbeiträge sparsam eingesetzt und wirtschaftlich verwaltet werden. Doch das hat die Rechtsaufsicht nicht einmal gewusst. In den letzten Monaten hat sich gezeigt: Sie laufen nicht nur nicht nach Kompass; sie haben nicht mal einen Kompass.
(Beifall BVB/FW und AfD)
Eine ARD-Spitzenkraft wird als Rechtsaufsicht in der Staatskanzlei eingestellt und begründet dies – hochnotpeinlich – auch noch mit: Ja, weil ich bei der ARD war, war ich besonders geeignet, bei der Rechtsaufsicht über den RBB zu arbeiten. – Puh! Eine Rechtsaufsicht, die sich zu Feiern einladen ließ und – wie wir seit einer Woche wissen – sogar Geschenke vom RBB erhielt –
(Beifall des Abgeordneten Dr. Berndt [AfD])
so der ehemalige Staatssekretär Kralinski, der Prosecco aus dem KaDeWe bekam und Frau Schlesinger zur Geburtstagsfeier einlud. Der Weg zu einer erfolgreichen Rechtsaufsicht war gepflastert mit lukullischen Speisen, italienischen Seidenschals und edlen Weinen – alles bezahlt von den Rundfunkbeiträgen der Bürger.
(Beifall BVB/FW)
In all den Jahren kam es nicht zu einer einzigen Beanstandung seitens der Rechtsaufsicht, da – so der dritte und neuzeitliche Vertreter der Gebrüder Grimm – man bei geringfügigen Verstößen ja nichts machen könne. Geringfügig? – Man glaubt es kaum. Aber Humor hat er ja.
(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])
Erst jüngst verkündete der Staatssekretär, dass er sich voll bestätigt sieht: Die Rechtsaufsicht hat alles richtig gemacht. Er kann bei sich keine Fehler erkennen. – Ich frage mich, ob das die Bürger in Hohen Neuendorf, Birkenwerder oder in ganz Brandenburg ebenso lustig finden. Ich glaube, kaum.
(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Hohloch [AfD])
Zudem hieß es immer wieder: Wir müssen den Bericht des Landesrechnungshofes und des Parlamentarischen Beratungsdienstes abwarten. Was da drin steht, machen wir zur Grundlage der Änderung des Staatsvertrages.
Kommentar eines anderen Abgeordneten (Kommentar und Name darf aus protokollarischen Gründen nicht hier erscheinen.)
Die Berichte liegen nun vor, und sie sind eine schonungslose Abrechnung mit dem Versagen des RBB und den Ausfällen bei der Rechtsaufsicht. Wir erfahren dort Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, es aber scheinbar in Brandenburg nicht sind. So etwa: Die Mitglieder des Aufsichtsgremiums müssen die Unterlagen kennen, über die sie abstimmen – eine revolutionäre Erkenntnis!
(Beifall BVB/FW)
Und natürlich muss die Rechtsaufsicht an den Sitzungen der von ihr beaufsichtigten Gremien auch teilnehmen. Jetzt könnte man als unbedarfter Bürger sagen: Hä? Das ist doch normal! – In der Staatskanzlei spricht man von einem epochalen Systemwandel.
Daher beantragt BVB/FW das, was im Bericht des Landesrechnungshofs als Reformvorschlag enthalten ist – doch nicht nur das. Der Landesrechnungshof schlägt auch vor, dass man aufgrund des Versagens sogar diese sehr operativen Reformpunkte in den Staatsvertrag hineinschreibt. Diese inhaltlichen und systematischen Vorschläge machen wir uns zu eigen und beantragen sie hier.
So fordern wir unter anderem die Festschreibung einer allgemeinen Sorgfaltspflicht und Haftung der Mitglieder der Überwachungsorgane, Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung von Stellen, Teilnahmepflicht für die Rechtsaufsicht, Einführung von Vergütungsobergrenzen, aktive Prüfungspflicht von Satzungen durch die Rechtsaufsicht, unabhängige Finanzkontrolle durch den Landesrechnungshof und vieles andere mehr.
(Beifall BVB/FW)
Meine Damen und Herren, nur so kann der RBB zu einer sparsamen Verwaltung der Rundfunkbeiträge angehalten werden. Nur so erledigt die Rechtsaufsicht ihre Aufgaben endlich im Sinne der Beitragszahler.
Meine Damen und Herren! Die Bürger unseres Landes haben ein Anrecht darauf, dass diese öffentlich-rechtliche Rundumverschwendung abgestellt wird, die Verantwortlichkeit aufgeklärt wird und sich ein echtes Kontrollsystem etabliert.
(Beifall BVB/FW)
Die Ernsthaftigkeit der Reformschritte wird der Gradmesser dafür sein, wie sehr sich dieser RBB-Skandal noch weiter, zu einer Systemkrise, auswächst. Daher sind alle Fraktionen aufgerufen, den Worten auch Taten folgen zu lassen.
(Beifall BVB/FW)
Im Interesse der Beitragszahler müssen Sparsamkeit, Transparenz und echte Kontrolle wieder greifen. Und es gilt, dies an höchster Stelle – im Staatsvertrag – zu verankern. Genau dem dient unser Antrag, um dessen Annahme bzw. Überweisung an den Hauptausschuss wir bitten. – Vielen Dank.
(Beifall BVB/FW)