Péter Vida zur Aktuellen Stunde der SPD zur Flüchtlingspolitik – 22.3.2023

22. Mrz 2023

Rede von Péter Vida in Textform:

Péter Vida (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Vieles, was wir heute diskutieren, wird durch weltpolitische und bundespolitische Entwicklungen beeinflusst, auf die wir in Brandenburg nur bedingt Einfluss haben, deswegen erlaube ich mir, mich als Vertreter von BVB / FREIE WÄHLER auf den Teil zu konzentrieren, den wir in Brandenburg bearbeiten und tatsächlich auch bewerten können.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist unstreitig, dass der Krieg in der Ukraine zu zahlreichen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Verwicklungen und auch verheerenden Auswirkungen für Europa geführt hat. Millionen von Ukrainern sind aus ihrer Heimat vertrieben worden und mussten vor dem Krieg flüchten. Deutschland hat über eine Million aufgenommen und hiermit einen großen Beitrag zur Solidarität, zur Humanität und zur Hilfe geleistet. Dass hierbei die Bundesrepublik insgesamt und das Land Brandenburg die in Art. 16a Grundgesetz niedergelegte Pflicht zur Asylgewährung erfüllt haben und die betroffenen Menschen auch nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen, ist eine Selbstverständlichkeit, und das eint uns auch – in weiten Teilen – über Parteigrenzen hinweg.

(Beifall BVB/FW)

Allerdings, meine Damen und Herren, muss man sich schon den Titel des Antrages der SPD-Fraktion anschauen, wo es heißt: „Uns leitet Recht, nicht Herkunft“. – Nun, dass uns gemeinsam Recht leitet, ist erst einmal gut. Man wünscht sich, dass das auch in anderen gesellschaftlichen und politischen Bereichen Brandenburgs eine Selbstverständlichkeit wäre.

(Beifall BVB/FW und des Abgeordneten Dr. Berndt [AfD])

Aber bei aller Lyrik und Überschriftsfindung dürfen wir nicht verkennen, dass es natürlich oftmals die Herkunft ist, die darüber bestimmt, welche Rechte Personen hier in Brandenburg zustehen und dass es erhebliche Ungleichheiten, Unterschiede und Ungerechtigkeiten auch bei den Migranten, die in diesem Jahr zu uns gekommen sind, gibt.

Aber das ist etwas, das sicherlich eine bundespolitische und rechtliche Entwicklung ist. Ich würde mich darauf konzentrieren, wer in unserem Bundesland hier seit Beginn des Zuwachses an Geflüchteten aus der Ukraine, aber auch aus allen anderen Ländern immer wieder zu kurz kommt, wer die Verantwortung vor Ort für die schutzsuchenden Menschen trägt, wer nahezu täglich direkt mit den Menschen zu tun hat, die Menschen unterbringen muss und sich einen Kopf darüber macht, wie das finanziert werden soll – das sind natürlich unsere Kreise, Städte und Gemeinden.

(Beifall BVB/FW)

Nun will ich nicht verhehlen, dass das Land hier Unterstützung gewährt; das stelle ich nicht in Abrede. Das war schon immer so. Doch angesichts des Ausmaßes des Zuwachses, der Entwicklung wird das von Anbeginn dem Bedarf nicht gerecht. Da muss man sich nicht wundern, wenn auch SPD-Landräte immer deutlicher sagen, dass sie sich im Stich gelassen fühlen und dass die Hilferufe nicht angemessen aufgenommen werden.

(Beifall BVB/FW)

So werden natürlich Investitionen, Schulen, Kitas, Wohnungen und vieles mehr sowie ein stärkerer Abbau von Bürokratie gefordert, denn natürlich haben die Menschen ein Recht darauf, ohne sich irgendeinen unterschwelligen Vorwurf anhören zu müssen, wenn sie sagen: Wir wollen nicht, dass wieder Turnhallen in Beschlag genommen werden. Wir wollen, dass die kommunale Infrastruktur aufrechterhalten bleibt, dass sie nicht beeinträchtigt wird. – Das erwarten die Bürger von uns, und das auch zu Recht!

(Beifall BVB/FW)

Außerdem kann man nicht so tun, als ob das alles nicht bekannt gewesen wäre: Die geopolitischen Entwicklungen haben das spätestens seit 2011 bzw. 2013 angezeigt; es gab eine große Flüchtlingsbewegung in den Jahren 2015 und 2016. Ich habe noch in wacher Erinnerung, welche operativen Probleme es damals gab, woraufhin alle sagten: Wir haben daraus gelernt; das darf sich nicht wiederholen! – Und schon wieder stehen Sie davor und sagen: Das konnten wir in dieser Form nicht wissen! Jetzt müssen wir neue Lösungen finden. – Genau deswegen war die Absage des Flüchtlingsgipfels nicht nur Ausdruck eines koalitionsinternen Unvermögens, richtig zu kommunizieren, sondern auch eine Kapitulation vor Herausforderungen, für die man schon in den letzten Jahren Lösungen hätte entwickeln müssen.

(Beifall BVB/FW)

Insofern ist das ein sehr verstörendes Signal. Wen das nun innerhalb der Koalition demütigt, ist mir völlig egal. Fakt ist: Ein auf dem Rücken der Kommunen ausgetragener Koalitionsstreit ist immer schlecht.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Domres [DIE LINKE])

Deswegen ist die Lösung, die gestern präsentiert wurde, ein Stück weit ein richtiger Schritt – das mag sein -,

(Beifall des Abgeordneten Dr. Redmann [CDU] sowie Zuruf: Oh!)

allerdings steht nicht dabei, wie die 3 000 zusätzlichen Plätze in der ZABH entstehen sollen. Es heißt, man müsse das in eigener Verantwortung errichten. Das ist meines Erachtens nichts, was nachhaltig hilft und den Kommunen spürbar Druck nimmt.

Gerade die im Antrag angesprochene Möglichkeit der Arbeitsmarktintegration, das Chancen-Aufenthaltsrecht, ist ein richtiger Punkt. Aber auch das greift erst nach fünf Jahren. Das ist für bestimmte Personengruppen einfach keine ausreichend nahe Perspektive. Wir begrüßen durchaus den hier als Spurwechsel apostrophierten Schritt, diese Angebote auszuweiten – keine Frage -, aber es braucht weitere Schritte zur Erleichterung der Arbeitsmarktintegration, zur leichteren Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse gerade im medizinischen und im Pflegebereich. Wir als BVB / FREIE WÄHLER haben hierzu Vorschläge gemacht und werden weitere Vorschläge machen.

(Beifall BVB/FW)

Meine Damen und Herren, natürlich steht über allem die Integration in Sprache. Hier müssen die Angebote ausgebaut werden. Was vorgeschlagen wurde, ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Infrastruktur, das Netzwerk der Kreisvolkshochschulen, muss viel mehr genutzt und auf diese Weise gewürdigt werden, denn dabei geht es um den entscheidenden Schritt: Sprache – dann Arbeit. – So kann es funktionieren.

(Beifall BVB/FW)

Doch wenn die Landesregierung weiter so zögerlich kommuniziert, wird der Landrat von OSL recht behalten, der sagte: „Wenn es so weitergeht, kollabieren wir.“ Deswegen setzen wir unsere und die Kommunen ihre Hoffnung in den neuen Gipfel am 29. März. Dabei muss etwas herauskommen, denn es kann nicht sein, dass man nach 2015 wieder die Gleichen die Hauptlast tragen lässt und sie frustriert, nur weil sich die Koalition nicht auskäst.

Meine Damen und Herren, es reicht nicht, wohlige Worte und Überschriften zu finden, sondern man muss auch denen beistehen, die die Hauptlast schultern müssen – das sind die Städte und Gemeinden vor Ort. Ihnen stehen wir als Freie Wähler zur Seite. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall BVB/FW)

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