Landesregierung verweigert mit „kreativer Rechtsauffassung“ Akteneinsicht – BVB / FREIE WÄHLER Fraktion fordert Transparenz und droht mit rechtlichen Schritten
Auf der 93. Justizministerkonferenz stimmten die Bundesländer über den Datenschutz von Grundbucheinträgen ab. Die Landesregierung Brandenburg votierte hierbei gegen den Datenschutz und für den Zugriff der Windkraft-Lobby auf die Grundbücher und die Wohnadressen und Kontaktdaten der Grundstückseigentümer. Der Landtag Brandenburg hatte der Landesregierung keinen derartigen Auftrag erteilt. Entsprechend handelte die Regierung hier auf Grundlage ihrer eigenen internen Entscheidung. Dies warf Fragen auf. Wie kam die Landesregierung zu der Abwägung, die Interessen einer Industrie-Lobby über den Datenschutz zu stellen? Die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion forderte daher Einsicht in die entsprechende Akte, die die Vorbereitung der Landesregierung zur entsprechenden Justizministerkonferenz enthält.
Brandenburgs Justizministerin Hoffmann (CDU) verweigerte jedoch am 27. Februar 2023 die schon am 5. Dezember 2022 beantragte Akteneinsicht. Die Akte stehe unter dem „Schutz des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung“. Eine Herausgabe sein nicht möglich, denn dies würde ein „Mitregieren Dritter“ ermöglichen. Eine völlig deplatzierte Auffassung, die ein gestörtes Verhältnis zu Kontrollrechten der Opposition zum Ausdruck bringt. Zitiert werden dann ausführlich Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die hier allerdings gar nicht zutreffend sind. Denn diese beziehen sich nur auf den Zeitraum der Willensbildung. Doch die Abstimmung auf der Justizministerkonferenz war im November 2022 und ist damit längst vorbei. Und bei abgeschlossenen Vorgängen kann die Regierung nur unter sehr besonderen Umständen dem Parlament die Herausgabe von Informationen verweigern. Etwa bei außenpolitischen Bezügen der Fragestellung oder bei sicherheitsrelevanten Fragen.
Hierzu erklärt der rechtspolitische Sprecher der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion, Péter Vida:
„Die Verweigerung der Akteneinsicht ist rechtlich nicht haltbar und eine Missachtung der Oppositionsrechte. Die Ministerin behauptet ernsthaft, dass trotz des vor mehreren Monaten erfolgten Votums auf der Justizministerkonferenz die ‚Willensbildung der Landesregierung noch nicht abgeschlossen‘ sei. Im Antrag auf Akteneinsicht ein ‚Mitregieren Dritter‘ zu sehen, ist zudem mehr als abenteuerlich. Es ist offensichtlich, dass die Landesregierung lediglich geheim halten will, wie sie zu ihrem Schluss, dass Lobbyinteressen aus ihrer Sicht den Datenschutz der Bevölkerung überwiegen, gekommen ist. Schlimmer noch: Mit dieser reichlich ‚kreativen‘ Rechtsauffassung könnte die Landesregierung zukünftig faktisch alle ihre Entscheidungsprozesse vor der Öffentlichkeit verbergen. Unsere Fraktion wird daher auf die Akteneinsicht bestehen und hierfür nötigenfalls rechtliche Schritte einleiten. Die Transparenz von Regierungshandeln muss gewährleistet bleiben – auch in Brandenburg!“
Auf den zu erwartenden Einwand des Justizministeriums, dass der Vorgang angeblich deswegen noch nicht abgeschlossen sei, weil die Bundesregierung noch eine Verordnung zu dem Themenkreis erarbeiten würde, ist schon jetzt darauf hinzuweisen, dass dies nicht verfängt. Denn die Akteneinsicht bezieht sich auf die Frage, warum Brandenburg im Rahmen der Justizministerkonferenz dem Beschluss, den Datenschutz in derart eklatanter Form aufzuweichen, mitgetragen hat. Dieser Prozess ist abgeschlossen und gerade in Brandenburg für die Öffentlichkeit von großer Relevanz. Sowohl die Opposition als auch die betroffenen Regionen sollten rechtzeitig wissen, in welchem Ausmaß die Brandenburger Landesregierung sich auf die Seite der Windkraft-Lobbyisten stellt. Die Entscheidung der Ministerin erweist sich auch deswegen als abenteuerlich, weil dieselbe Anfrage im Landtag Rheinland-Pfalz (gestellt durch die dortige Freie-Wähler-Landtagsfraktion) dort durch die Landesregierung ohne Probleme ausführlich beantwortet wurde.