Philip Zeschmann zum Einzelplan 08 – Wirtschaft, Arbeit und Energie – 15.12.2022

15. Dez 2022

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Philip Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Energiepolitisch verursacht geht es um uns herum, in Brandenburg und Deutschland, mindestens wirtschaftlich gerade den Bach runter. Diese Landesregierung, diese Koalitionsfraktionen sitzen in ihrer Blase und merken es nicht einmal. Besser als die Anmerkung von Herrn Rostock zu meiner Frage eben, dass man also die vorliegenden Fakten einfach ignoriert, kann man es nicht illustrieren. Nur so ist zu erklären, dass Sie von den Koalitionsfraktionen und dieser Landesregierung stur und unbeirrt an Ihrem energiepolitischen Harakiri festhalten, keine Reservekraftwerke planen oder bauen, fleißig weiter auf Kosten von Mensch und Natur unsinnige Überkapazitäten bei Windkraft gegen die Vernunft durchpeitschen, die uns bei Dunkelflauten

(Beifall BVB/FW)

ebenso wenig nutzen wie Photovoltaik.

Präsidentin Prof. Dr. Liedtke:
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Nein, danke. Ich habe gerade angefangen. Kann man gern am Ende machen.

Nur so ist zu verstehen, dass auf Hilferufe von Brandenburger Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen bereits im vergangenen Winter – übrigens vor Kriegsausbruch – mit vollkommen gelassener Ignoranz reagiert wird. Hilfen – warum? Wir warten doch auf den Bund. – Das durften wir uns jetzt gefühlt acht Monate lang anhören. Hilfen – warum? Die Bundeshilfen lassen doch sowieso keine Lücken. – Hilfen – warum? Die Kammern sagen uns, die Unternehmen kämen bis zum 1. März – also bis zu einem Zeitpunkt, wenn die Hilfen des Bundes vielleicht zu wirken beginnen – über Kreditlinien ihrer Hausbanken durch. – Zitat von Herrn Wirtschaftsminister aus dem Wirtschaftsausschuss in der letzten Woche.

Ist Ihnen vielleicht mal aufgefallen, dass inzwischen fast ein Jahr rum ist und immer mehr Unternehmen erstens in die Insolvenz gehen und zweitens ihr Gewerbe abmelden oder, wenn sie können, ins Ausland abwandern?

Ist Ihnen bekannt, das 78 % unserer Unternehmen sogenannte Kleinstunternehmen mit null bis zehn Mitarbeitern sind, also nur aus dem Unternehmer selbst und wenigen Mitarbeitern bestehen? Wie viele unserer Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen mit einem Mitarbeiter oder zwei Mitarbeitern haben überhaupt eine Kreditlinie bei einer Bank? Die allerwenigsten.

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, dass infolge der zunehmenden Zusammenbrüche von Unternehmen auch immer mehr Arbeitsplätze verloren gehen und dass sich das über die Jahreswende, wenn die Sprünge über Preisanpassungen von den Anbietern von Strom und Gas umgesetzt werden, noch deutlich beschleunigen wird? Wissen Sie, was das bedeutet? Steigende Ausgaben zur Finanzierung von Arbeitslosigkeit bei gleichzeitig einbrechenden Steuereinnahmen wegen wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen und einbrechender Lohn- und Einkommensteuereinnahmen?

Und was ist die Folge wegbrechender Gewerbesteuereinahmen, meine Damen und Herren? Sie sind in Kommunalparlamenten, Sie wissen das. Ja, richtig: Die Kommunen verlieren eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen. Damit geraten noch mehr Kommunen in finanzielle Schieflage und müssen sparen. Also gibt es noch weniger Investitionen in Kitas, Schulen, Wohnraum, Straßen – auch Rad- und Gehwege, liebe Kollegen von den Grünen. Folge: ein Einbrechen der Baukonjunktur. Die Umfragen geben es her – das ist übrigens in der mittelfristigen Finanzplanung, die ich eben zitiert habe, schon enthalten -, dass die Konjunkturerwartung und die Auftragseingänge im Baugewerbe deutlich zurückgegangen sind, schon Mitte dieses Jahres. Folge: noch weniger Gewerbesteuereinahmen und noch mehr Arbeitslose, also eine Abwärtsspirale. Und was bedeutet das massenhafte Wegbrechen von immer mehr heimischen Unternehmen noch? Wohlstandseinbußen, und zwar für uns alle hier in Brandenburg und Deutschland. Denn die Unternehmen sind dann einfach weg. Sie sind nicht einfach wieder aus dem Boden zu stampfen, und sie hören eben auch nicht mal eben – einfach so – auf zu arbeiten, um später weiterzumachen. So etwas geht nur in der fantastischen Welt eines Herrn Habeck, seines Zeichens – ob man es glaubt oder nicht – Bundeswirtschaftsminister.

Wenn also schon die Energiepolitik von Bund und Land unser Land wirtschaftlich gegen die Wand fährt und dabei die extremen Energiepreisschocks unsere Wirtschaft zerstören – vielfach kann man bereits von Deindustrialisierung lesen; den Begriff habe ich ja nicht erfunden -, helfen Sie wenigstens, den von Ihnen angerichteten schweren Schaden zu begrenzen. Helfen Sie endlich unbürokratisch,

(Beifall BVB/FW)

wenigstens unserer wirtschaftlichen Basis in diesem Land, nämlich den 78 % Kleinstunternehmen – solange es sie noch gibt! Denn sie sind unsere wirtschaftliche Basis. Reißen Sie endlich den Hebel herum, bevor es nach der Jahreswende mit unserer Wirtschaft noch viel extremer bergab geht. Und tun Sie endlich alles, damit unsere Energiepreise schnellstmöglich wieder sinken. Helfen Sie unseren Unternehmen!

Vor diesem Hintergrund über einzelne Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf des Wirtschaftsministeriums zu sprechen scheint eigentlich unangemessen und unwichtig. Trotzdem möchte ich nach diesen einführenden grundsätzlichen Worten zwei Punkte ansprechen. Neben einer mindestens wirtschaftlich existenziellen Krise, in der sich unser Land aufgrund Ihrer Energiepolitik befindet, haben wir zusätzlich schon seit Langem das sich weiter verschärfende Problem des Fachkräftemangels, nunmehr nicht mehr nur in bestimmten Branchen wie Gesundheit, Wirtschaft und Handwerk, sondern quasi flächendeckend. Deshalb muss wenigstens hier mehr getan werden, indem Existenzgründungen im Bereich des Handwerks – von Handwerkmeisterinnen und -meistern – durch eine Erhöhung der Meistergründungsprämie unterstützt werden.

(Beifall BVB/FW)

Denn das BAföG des Bundes fördert nur die Ausbildung, nicht aber die erforderlichen Investitionen in Betriebsgründungen. Wie Sie alle wissen, hat sich durch die Inflationsentwicklung die Zinspolitik verändert: Die EZB setzt höhere Zinsen fest. Damit ist die Finanzierung von Existenzgründungen gerade für junge Leute, die einen Meistertitel erlangt haben, noch schwieriger geworden. Die Unterstützung von Existenzgründungen ist eine Investition in die Zukunft unserer Wirtschaft und unseres Wohlstands. Deswegen müssen wir hier etwas tun. Unser entsprechender Antrag beinhaltet daher die Forderung, die Mittel in diesem Bereich aufzustocken.

Trotz aller bestehenden Probleme bei den internationalen Lieferketten muss unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen endlich geholfen werden, ihre PS auf ausländischen Märkten auf den Boden zu bringen. Deshalb dürfen wir gerade jetzt die Zuschüsse für den Mittelstand zur Förderung der Auslandsmarkterschließung nicht noch mehr zusammenstreichen. Deswegen haben wir im Änderungsantrag in diesem Titel mindestens das Vorjahresniveau angesetzt.

(Beifall BVB/FW)

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