Philip Zeschmann zur Aktuellen Stunde der CDU „Werte, Wirtschaft, Wohlstand – Brandenburgs Perspektiven“ – 13.10.2022

13. Okt. 2022

Rede von Philip Zeschmann in Textform:

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Wo stehen wir nach 32 Jahren Deutsche Einheit in Ostdeutschland und speziell in Brandenburg? Nach der Überwindung der kritischen Jahre der Transformation samt Treuhand-Schmerzen fand der mühsame Versuch einer Reindustrialisierung mit vielen Großprojekten – wie dem CargoLifter sowie Ansiedlungsversuchen der Chip- und Solarindustrie – statt, die allesamt sehr viel Steuergeld zwecks Förderung kosteten und dennoch krachend scheiterten.

In den 10er-Jahren dieses Jahrhunderts profitierte Brandenburg von einer allgemeinen guten wirtschaftlichen Entwicklung, wie sie in Deutschland und Europa fast überall zu beobachten war – das ist gut. Trotzdem wuchs schon damals, in den Neunzigern und den darauf folgenden Jahren, der Vertrauensverlust in politische Parteien, der in einer über die Jahre zurückgehenden Wahlbeteiligung und Protestwahlen – zum Beispiel in der Wahl der DVU – seinen Ausdruck fand und in eine Politiker- und Parteienverdrossenheit mündete.

Anfänglich waren auch die Wahlerfolge der AfD Ausdruck dafür. Diese Frustration zunächst – ich zitiere – den „Altparteien“ oder den „Mainstream-Medien“ gegenüber hat sich dort und damit im Parteiensystem nunmehr verfestigt.

Dann kam Corona. Mit den Krisenjahren wuchs in weiten Bevölkerungskreisen in Deutschland und in Brandenburg die ohnehin schon vorhandene Politiker- und Parteienverdrossenheit zunehmend zu einer Enttäuschung und Abwendung von der praktizierten Demokratie und ihren Prozessen weiter. Das bestätigt der Deutschland- Monitor – er wurde hier schon angesprochen – des Ostbeauftragten, wonach 39 % noch Vertrauen in die Demokratie haben oder zufrieden mit ihr sind, 61 % aber nicht mehr.

Es gibt weitere Umfragen zu dem Thema. Eine hat zum Beispiel der Südwestrundfunk in Auftrag gegeben. Danach stellt fast ein Drittel der Deutschen das politische System der Bundesrepublik infrage. 31 % der Befragten bejahen die Aussage: „Wir leben in einer Scheindemokratie, in der die Bürger nichts mehr zu sagen haben.“

(Einzelbeifall AfD)

In Ostdeutschland und in Brandenburg liegen diese Anteile noch höher, nämlich bei 45 %. 28 % der Teilnehmenden gaben darüber hinaus an, dass das demokratische System in Deutschland grundlegend geändert werden müsse.

So haben die Coronajahre nicht nur zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt, was die Maßnahmen und die Strategie im Umgang mit dem Virus angeht, sondern auch das Grundvertrauen in unsere Demokratie, demokratischen Prozesse und Institutionen grundlegend erschüttert. Jetzt kommen in diesem Jahr noch eine historisch hohe Inflation und geradezu unaufhörlich explodierende Energiepreise dazu, die es nunmehr bis zu 60 % Prozent der Menschen in Deutschland nicht mehr ermöglichen, ihre Rechnungen für Strom und Gas zu bezahlen. Das betraf vorher höchstens 18 % der Gesamtbevölkerung.

Zugleich hören wir täglich Nachrichten von Unternehmen, die aufgrund dieser immer extremer werdenden Rahmenbedingungen in die Insolvenz gehen müssen oder als einzigen Ausweg die Verlagerung ihrer Produktion – sofern sie das können – ins Ausland sehen und da jetzt investieren, weil dort zum Beispiel die Gaspreise zehnmal geringer sind als bei uns.

Das ist ein Trend zur Deindustrialisierung Deutschlands und auch Brandenburgs. Das allein ist schon erschreckend und beängstigend genug. Aber was für massive Auswirkungen mag das auf das ohnehin schon stark beschädigte Demokratie-/ Systemvertrauen der Menschen haben! Deshalb geht es hier heute nicht nur um wirtschaftliche Perspektiven, um die Rettung unserer wirtschaftlichen Strukturen, um den Erhalt unserer Arbeitsplätze, um die Rettung unserer Basis für heutigen und zukünftigen Wohlstand, sondern es geht auch um den Erhalt der Demokratie und unseres Staatswesens, so wie wir es kennen!

(Beifall BVB/FW)

Was aber machen wir? Wir debattieren und philosophieren hier so vor uns hin, über dieses Thema, als ob um uns herum kein Sturm toben würde. Es geht nicht nur um Werte, Wirtschaft, Wohlstand. Nein, es geht um die Existenz von Tausenden von Kleinstunternehmen – 78 % haben bei uns ein bis zehn Mitarbeiter. Es geht um die Existenzen von Menschen, und es geht auch um den Bestand unserer Demokratie.

(Beifall BVB/FW)

Um überhaupt eine wirtschaftliche Perspektive zu haben und damit auch in den nächsten Jahren vielleicht Wohlstand erhalten zu können, müssen wir jetzt sofort helfen. Noch länger und in verantwortungsloser Manier den Menschen ein Ankündigungspaket nach dem anderen vorzulegen und sie zu vertrösten – was Sie und der Bund gerade tun – hilft hier absolut nicht weiter!

(Beifall BVB/FW)

Jetzt müssen alle betroffenen Unternehmen im Land mit Bürgschaften aus Landesmitteln zur Übernahme der zusätzlichen Energiekosten ausgestattet werden. Das können wir ohne Aufsetzen von Förderprogrammen, das können wir heute machen und müssen nicht bis Januar oder März warten.

Da nutzt es leider gar nichts, auf den letzten Drücker mit einem nebulösen Brandenburg-Paket um die Ecke zu kommen und zu sagen: Wir wissen noch nichts Genaues, aber wir wollen mal einen Blankoscheck über zwei Milliarden Euro haben.

Präsidentin Prof. Dr. Liedtke:

Herr Abgeordneter, ich muss Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Ja, ich bin beim vorletzten Satz. Besser jetzt schnell und umgehend Bürgschaften, als weiter zuzuschauen, wie unsere wirtschaftliche Basis erodiert, und dann, wenn es zu spät ist, jahrelang Massenarbeitslosigkeit finanzieren zu müssen – wer weiß, wie lange unsere Demokratie das aushalten würde.

Wenn also gesunder Menschenverstand regieren würde, gäbe es spätestens seit März dieses Jahres Bürgschaften für energieintensive und Kleinstunternehmen: Strukturen gerettet, Arbeitsplätze erhalten, Wohlstand gesichert!

(Beifall BVB/FW)

Weitere Beiträge

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bildung ist das höchste Gut. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unserer Kinder. Eine gute Bildung ebnet den Weg für persönliches Wachstum, berufliche Chancen und damit für eine...

mehr lesen

Danke für Ihren Besuch

Diese Seite wird nicht mehr gepflegt, bleibt jedoch weiterhin bestehen und gewährt einen Überblick über die parlamentarische Arbeit von BVB / FREIE WÄHLER während der 7. Wahlperiode (2019–2024). Für Fragen und Themenanregungen wenden Sie sich bitte an den Landesverband BVB / FREIE WÄHLER.