Péter Vida 2.Rede zu BVB/FW: „Kulturgut Sinneserbe schützen – Ortsübliche Gerüche bewahren“

16. Sep 2022

Rede von Péter Vida in Textform:

Péter Vida (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Was hat Ihnen der Hahn getan, Frau Staatssekretärin,

(Vereinzelt Heiterkeit B90/GRÜNE)

dass Sie zu „Emotionen gegen Wissenschaft“ ausholen müssen?

(Beifall BVB/FW)

Das bedeutet ja fast, dass die ganze Bayerische Staatsregierung nicht wissenschaftlich arbeitet. Ich finde, dieses Verdikt ist fast schon ein Angriff auf die demokratische Verfasstheit des Freistaates,

(Heiterkeit und Beifall BVB/FW)

wenn ich jetzt einmal dieselbe Vokabeleskalation geschehen lasse wie Sie. Man könnte fast schon sagen: „Das ist grünlackierter Populismus!“ Ich sage aber nicht, dass das grünlackierter Populismus ist.

(Beifall BVB/FW)

Meine Damen und Herren, wir hatten uns im Vorfeld auf eine Überweisung an den Ausschuss verständigt. Deswegen war ich jetzt über diese – ich sage einmal – geräuschliche Eskalation doch etwas überrascht,

(Heiterkeit)

denn das wird dem Antrag nicht gerecht.

Es ist immer so: Natürlich hat ein Antrag mehr Erfolg, wenn er von anderen Bundesländern unterstützt wird. Das ist völlig klar. Bayern bringt ihn ein und spricht darin von seinen typischen Geräuschen, den Kuhglocken. Davon reden wir hier nicht. Das gefällt manchen nicht. Das wollen wir in Brandenburg auch nicht als Kulturgut Sinneserbe definieren, aber andere Dinge. Deswegen müssen wir hier vielleicht noch etwas präziser werden.

Wenn jetzt die Rede davon ist, man senke das Schutzniveau ab und man müsse die nachbarschützenden Regelungen respektieren, zeigt das genau das Problem. Man möchte die Produkte vom Land, die ländliche Idylle, man möchte dort Urlaub machen – aber dann: Huch, der Hahn wacht ja schon um 4.30 Uhr auf, das ist mit mir aber nicht abgestimmt! – Deswegen braucht es sehr wohl Regelungen, die dem vorbeugen.

Niemand will Schweinemastanlagen schützen, niemand will irgendwelche großen industriellen Anlagen schützen. Darum geht es gar nicht. Wenn man sich den im Bundesrat eingebrachten Antrag anschaut, sieht man, dass es darum geht, dass zu § 3 Abs. 1 landesspezifische Tabellen, Listen erstellt werden, in denen jedes Land für sich definiert, was unter Schutz gestellt wird. Wenn wir in Brandenburg sagen, wir stellen etwas nicht unter Schutz, dann ist es auch nicht unter Schutz gestellt – so einfach ist das. Es ist nicht so, dass mit dieser Beschlussfassung ein pauschaler Schutz von Großanlagen erfolgt. Das wollen wir gar nicht, das ist nicht unsere Zielstellung. Wir wollen spezifische, landesbezogene Listen aufstellen lassen, und zwar von der Landesregierung – insofern sind Sie dann wieder involviert. Hoffentlich haben Sie dann auch eine etwas größere Motivation und sind dem Antrag gegenüber aufgeschlossener.

Noch einmal zu der exakten rechtlichen Einordnung, weil es wieder hieß, es gebe trotzdem nachbarschützende Normen: Nein, es gibt dann eine öffentlich-rechtliche Regelung, die bereits Prozesse vermeidet. Was Sie meinen ist, dass wir dann in eine immissionsschutzrechtliche Abwägung kämen. Die findet derzeit statt, keine Frage. Genau diese Abwägungsstreitigkeiten sind es doch, die die Behörden beschäftigen, die die Gerichte beschäftigen – wo dann nachgemessen und geguckt wird, wann morgens der Wecker klingelt und wann genau der Hahn kräht. Diese Diskussionen laufen doch. Wenn Sie von vornherein definieren, dass diese Geräusche nicht störend sind, nicht belästigend sind, kommen Sie gar nicht in diese Abwägungssituation, sparen dadurch behördlichen Aufwand, sparen gerichtlichen Aufwand,

(Beifall BVB/FW)

sodass auch Ihr Ministerium nicht so viel Zeit damit verbringen muss, so destruktive Redebeiträge zu diesem gut gemeinten Antrag zu verfassen.

(Lachen der Abgeordneten Wernicke [BVB/FW] sowie Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

Indem Sie verhindern, dass die Behörden so beschäftigt sind, schaffen Sie doch Akzeptanz, weil von vornherein gesagt wird: Nein, der Ziegenstall geht nicht vor Gericht. – Genau darum geht es, und das ist eine gute Sache!

Ob es der Duft der Bäckerei ist oder ob es die Geräusche von Landmaschinen sind – diese Sinneseindrücke prägen nun einmal unser Leben, und das muss auch die Landesregierung in Potsdam akzeptieren. Wir wollen uns dazu bekennen, und das nicht nur an hohen Feiertagen oder im Bioladen, sondern immer. So auch hier und jetzt – und deshalb ab in den Ausschuss damit! – Danke.

(Beifall BVB/FW sowie des Abgeordneten Hooge [AfD])

 

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