Rede von Ilona Nicklisch in Textform:
Frau Nicklisch (BVB/FW):
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Es gibt wenig Gerechtigkeit auf dieser Welt. Aber eine gibt es in jedem Fall: Wir alle altern täglich. Die Antwort auf die Frage, wie wir altern, hängt natürlich von jedem Einzelnen ab. Aber auch die Gesellschaft trägt ihren Anteil dazu bei, wie es den Menschen im Alter geht.
Was ist eigentlich Alter? Wann ist man eigentlich alt? Das ist sicher eine schwer zu beantwortende Frage, über die vor als mehr als 50 Jahren noch ganz anders diskutiert wurde als heute. Ein Großteil der heutigen Senioren und Seniorinnen ist, sofern es ihre körperliche Konstitution zulässt, aktiv, mobil und oftmals sehr engagiert. Aber ich denke, um diese Gruppe wird es nicht in erster Linie gehen. Der Fokus muss stärker auf die gerichtet werden, die von Altersarmut und Einsamkeit betroffen sind. Es ist gut und wichtig, dass diese beiden Punkte in der Begründung des Antrags der Koalition zur Fortschreibung der seniorenpolitischen Leitlinien ein besonderes Augenmerk erhalten. Die Pandemie hat uns leidvoll und deutlich gezeigt, was passiert, wenn ältere Menschen sehr stark isoliert werden.
Die Grundlagen für Altersarmut werden schon sehr viel früher gelegt: Arbeitslosigkeit, geringe Verdienste, Krankheit, Bildungsmangel, Verschuldung – um nur einige Ursachen zu nennen. Laut aktuellem Paritätischem Armutsbericht hat die Armutsquote in Deutschland im Pandemiejahr 2020 mit 16,1 % – das sind 13,4 Millionen Menschen – einen neuen Höchststand erreicht. Und wir wissen: Auch in einem reichen Land wie Deutschland ist Armut Realität. Wer arm ist, kann an vielem nicht teilhaben und sich nicht verwirklichen, und es besteht die große Gefahr der Vereinsamung – was jetzt schon des Öfteren gesagt wurde.
Noch eine Tendenz zeigt, wie wichtig es ist, die seniorenpolitischen Leitlinien ständig auf den Prüfstand zu stellen und an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen: der rapide Geburtenrückgang nach 1989. 25% der heute 40-Jährigen in Deutschland haben keine Kinder. Das ist ein Viertel der Bevölkerung. Wenn sie älter werden, haben sie keine Angehörigen. In 30 bis 40 Jahren wird es also in Deutschland eine sehr große Zahl alter Menschen geben, die keine Familie haben, darunter auch Menschen, die von Altersarmut betroffen sind und deren Vereinsamung teilweise vorprogrammiert ist.
Wie integrieren wir sie sinnvoll? Dafür müssen die Leitlinien mit Leben erfüllt werden. Wir sollten in naher Zukunft den von mir gerade angesprochenen Problempunkten noch einmal gesondert nachgehen. Die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER stimmt diesem Antrag natürlich zu; denn es muss an dieser Sache weitergearbeitet werden, und wenn wir es nicht jetzt tun, wann dann? – Danke für Ihre Aufmerksamkeit