Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Es ist wohlfeil, werte Kollegen von der CDU, die Energiepreisexplosion der letzten Monate, gegen die wir hier aus dem Landtag Brandenburg heraus nichts direkt tun können – es wurden schon vielfältige bundespolitische Reaktionsmöglichkeiten angesprochen -, in den Fokus zu nehmen. Das finde ich, ehrlich gesagt, ganz schön populistisch. Einige meiner Vorredner haben es schon auf den Punkt gebracht: Ihr plötzliches Engagement kommt nicht besonders glaubwürdig rüber. Ich hoffe nur, dass die Debatte, die wir heute führen, bei den Bürgerinnen und Bürgern, die uns zuhören, keine falschen Hoffnungen weckt.
Da wir als Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler grundsätzlich mit gesundem Menschenverstand, also mit Realismus und Weitblick sowie immer problemorientiert, an die Themen und Aufgaben herangehen, spreche ich jetzt darüber, warum nicht nur die Versorgungssicherheit, sondern auch die Energiepreise von einer richtigen, ausgewogenen und durchgerechneten Energiestrategie des Landes abhängen. Leider haben wir diese nicht.
Strom lässt sich, wie wir alle wissen, heute nicht im industriellen Maßstab im großen Stil speichern. Selbst die 25 Millionen Euro teure Big Battery in Schwarze Pumpe kann im vollgeladenen Zustand nur etwa 1 % des Strombedarfs Brandenburgs decken und ist nach spätestens einer Stunde leer. Größere Batteriespeicher sind nicht finanzierbar.
Um in der Region fünf Tage Dunkelflaute, die wir durchschnittlich erleben – immer wieder, auch in diesem Winter -, zu überbrücken, bräuchte die Region Batterien für 250 Milliarden Euro! Speichern ist also keine Option.
Auf absehbare Zeit gilt weiterhin die Regel, dass die Stromproduktion der Kraftwerke zu jedem Zeitpunkt dem Strombedarf entsprechen muss. Sonst bekommen wir einen Stromausfall, den berühmt-berüchtigten Blackout.
Mehrere Energiequellen sorgen derzeit im Zusammenspiel dafür, dass das nicht passiert. Je nach Wetterlage, Jahres- und Tageszeit liefern Windkraft und Photovoltaik manchmal mehr Elektroenergie, als wir benötigen, manchmal aber auch so gut wie gar nichts. Was Windkraft und Photovoltaik in diesen Zeiten nicht liefern können, müssen dann vor allem Biomasse, Erdgas und Braunkohle beisteuern; zumindest ist das der aktuelle Zustand.
Doch es ist immer weniger wetterunabhängige Kapazität vorhanden. Das Problem der größer werdenden „fluktuierenden Einspeisung“, wie es so schön heißt, durch die erneuerbaren Energien ist technisch die größte Krux der Energiewende.
Die Landesregierung widmet sich diesem Thema in ihrem Entwurf der „Energiestrategie 2040“ jedoch nur in einem einzigen kurzen Absatz, und nicht eine einzige Zahl ist dort zu finden, lediglich die allgemeine Aussage, dass – ich zitiere – „zukünftig insbesondere flexible Kraftwerke mit kurzen An- und Abfahrzeiten sowie dynamischer Regelbarkeit benötigt“ werden. Mit welcher Energiequelle oder gar welcher Technik das bewerkstelligt werden soll, wird ebenso verschwiegen wie die Antwort auf die Frage, in welchem Umfang solche flexiblen Kraftwerke erforderlich sein werden. Auch der erforderliche Zeitraum für die Realisierung dieser Kraftwerke – Stichworte: Planung und Bau – und die Kosten der Umsetzung dieser Strategie werden nicht benannt.
Wegen dieser fehlenden Angaben machen wir als BVB / FREIE WÄHLER hier gern einmal die Rechnung auf: Die Windkraft soll auf ungefähr 15 000 Megawatt verdoppelt werden; das kostet etwa 9 Milliarden Euro zusätzlich. Die Photovoltaik soll auf 12 300 Megawatt erhöht werden – Kostenpunkt: rund 3 Milliarden Euro zusätzlich. Was Sie, werter Herr Minister Steinbach, für die überzogenen Elektrolysepläne in Ihrer Strategie benötigen, lässt sich dem Energiekonzept leider nicht entnehmen, weil Sie dazu keinerlei konkrete Angaben gemacht haben; aber weitere Milliardenbeträge sind es sicher.
Das bedeutet im Ergebnis: Egal, was versucht wird, die Kosten werden mittels Subventionen hin- und hergeschoben. Am Ende zahlen unsere Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg mindestens 12, wenn nicht gar 15 Milliarden Euro für ihre Energieversorgung.
Trotz dieser enormen Kosten reicht der nach dem Kohleausstieg übrig bleibende Kraftwerkepark in Berlin und Brandenburg wetterbedingt an rund 2 400 Stunden im Jahr – das entspricht mehr als einem Viertel des Jahres! – nicht aus, um den Strombedarf der Region zu decken. Das scheinen Sie alle zu ignorieren. Das ist aber ein Fakt, den man, wenn man sich die Wetterstatistik anschaut, sehr genau ableiten kann. Und Sie als Landesregierung wollen einen zweistelligen Milliardenbetrag ausgeben, um damit keine Versorgungssicherheit zu schaffen?
Was wir tatsächlich am meisten brauchen, um Versorgungssicherheit jederzeit garantieren zu können, sind Reservekraftwerke. Diese machen übrigens, werte Landesregierung, auch den Kohleausstieg überhaupt erst möglich, fehlen aber immer noch weitgehend. Also sollten Sie – nicht nur wir, sondern auch und vor allem Sie – alles in Ihrer Macht Stehende tun, um die notwendigen Reservekraftwerke endlich voranzubringen, am besten an den Standorten der Energieregion Lausitz; denn dort liegen bereits die Leitungen, und umfangreiche Neuplanungen an den Standorten sind nicht erforderlich. Zudem warten die Braunkohlekraftwerker dort auf passende industrielle Jobs für die Zukunft.
Bisher vermissen wir jedoch jeglichen konkreten Fortschritt in diesem Bereich. Die einzige Meldung, die wir dazu innerhalb von zwei Jahren auf parlamentarische Anfragen bekommen haben, war, dass es irgendwelche Überlegungen zu Gaskraftwerken am Standort Jänschwalde gebe. Wow!
Tatsache ist: Wir könnten sogar Geld sparen, wenn wir in die Reservekraftwerke investierten. Dann könnten wir nämlich nicht noch mehr Geld in Windkraft investieren, was ohnehin unsinnig wäre, weil wir heute schon Zeiten haben, in denen viel zu viel Windkraft produziert wird und Windräder abgeschaltet werden, da es an Speichertechnologien fehlt.
Von den eingesparten bis zu 9 Milliarden Euro könnten wir locker so schnell wie möglich reichlich Reservekraftwerke zur Kompensation der – wegen der erneuerbaren Energien – enorm schwankenden Energieeinspeisung bauen, die wir dringend brauchen, wenn wir nicht wollen, dass spätestens ab 2023 die Gefahr von Blackouts noch weiter steigt. Damit können wir auch das Problem des Kohleausstiegs lösen, denn nur dann geht das überhaupt: eine Stromversorgung in wind- und sonnenarmen Zeiten zu garantieren.
Wenn wir also für Brandenburg und alle Branderburgerinnen und Brandenburger verhindern wollen, dass wir nicht nur die teuerste Stromversorgung Europas haben, sondern auch noch die unzuverlässigste bekommen, dann stimmen Sie unserem Antrag „Sicherung der Elektroenergieversorgung in Brandenburg durch gasbetriebene Reservekraftwerke an den Standorten der Braunkohlekraftwerke“ zu.
Lassen Sie uns endlich gemeinsam Grundlagen für eine ausreichende Kapazität an Reservekraftwerken fördern und schaffen! Sorgen Sie zugleich dafür, dass die Region Lausitz weiterhin Energieregion bleibt! Sie unterstützen damit den Strukturwandel. – Danke schön.