Rede von Philip Zeschmann in Textfom:
Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Brandenburgerinnen und Brandenburger! Wir freuen uns, dass die SPD und damit wohl auch die Koalitionsfraktionen nun kurz vor der Halbzeit ihrer Regierungszeit und unserer Legislaturperiode doch noch erkannt haben, dass eine engere Abstimmung mit Berlin in vielen Bereichen und Themenfeldern erforderlich ist, um unsere Metropolregion für das 21. Jahrhundert fit zu machen.
Allerdings war Ihre Rede, Herr Keller, mal wieder aus dem PR- und Marketingtopf: viele Schlagworte, viele Sonntagsreden und leider nichts Konkretes dahinter. Das, was Sie da geredet haben, haben wir auch in den letzten Jahren gespürt, dass nämlich diese Landesregierung, diese Koalitionsfraktionen überhaupt keine konkreten Initiativen ergriffen haben, mit Berlin enger zu kooperieren; aber dazu komme ich noch.
Die Formulierung, die Sie gewählte haben, es sei eine historische Chance, scheint jedoch etwas zu hoch gegriffen und ist eher ein tiefer Griff in die PR-Kiste; das passt einfach nur ins Bild.
Die grundsätzliche Zielsetzung dieser Aktuellen Stunde aber teilen wir als BVB / FREIE WÄHLER. Brandenburg und die Hauptstadtregion mit gesundem Menschenverstand, lösungsorientiertem Denken und entsprechenden Vorschlägen voranzubringen, ist erklärtermaßen auch unser Ziel.
Sie schreiben aber:
„Gemeinsam können die großen Herausforderungen in den Bereichen Arbeit, Energie, Wirtschaft, Wohnen, Verkehr, Wissenschaft, Wasser und Klimaschutz erfolgreich bewältigt werden.“
Absolut richtig finden wir das auch. Nur warum passiert da so wenig?
Eine gute und wahrnehmbare Abstimmung und Kooperation mit Berlin hat wirklich Seltenheitswert, obwohl sie doch überaus notwendig und begrüßenswert wäre. Wir verdeutlichen das beispielhaft am Thema Energieversorgung. Der Entwurf des Energiekonzeptes 2040 enthält keinerlei Abstimmungen mit Berlin. Eine Antwort auf eine Kleine Anfrage vom letzten Herbst auf Drucksache 7/4384 belegt das noch einmal insbesondere bezogen auf die Abstimmung zum Bau von Reservekraftwerken, die schlicht und einfach nicht stattfindet – so wurde auf Frage 2 geantwortet.
Zum Thema Trinkwasserversorgung, das gerade angesprochen wurde, muss ich sagen: Wirklich mutig, dass Sie das gerade hier reinschreiben. Das ist nun genau das Thema, bei dem es überhaupt keine Abstimmung zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg gibt. Minister Vogel wird sogar nicht müde zu betonen, die Wasserversorgung wäre ein kommunales Thema und die Zuständigkeit läge allein bei den Zweckverbänden und Gemeinden – Stichwort WSE; das wurde schon angesprochen – und Region Tesla, wo das wie die Spitze des Eisbergs sichtbar wird. Also das MLUK nicht zuständig; somit bleibt es bei diesen Wasserverbünden. Die sind wenigstens vorbildlich und haben eine AG mit den Berliner Wasserbetrieben gebildet; das ist vorausschauend.
Die Abstimmung der Wirtschafts- und Industriepolitik und der Wirtschaftsförderung lassen auch einige Wünsche offen. Die Politik beider Länder steht eher in Konkurrenz als in Abstimmung oder Ergänzung zueinander, was wir zum Beispiel bei der Ansiedlung von Tesla, wenn auch nur etwas freundlicher verpackt in den Medien mitbekommen konnten.
Ebenso wenig scheint die Wohnungsbaupolitik, die schon angesprochen wurde, großartig abgestimmt zu sein, um gar Verdrängungseffekte von Zuziehenden von Berlin nach Brandenburg oder die steigenden Mieten in den Griff zu bekommen. Denn wir wissen: Berlin hat ein gescheitertes Modell eines Mietendeckels. Brandenburg nutzt andere, auch ähnlich erfolglose Instrumente – von Abstimmung ist nicht wirklich etwas zu erkennen.
Bei der Verkehrs- und Infrastrukturentwicklung gibt es immerhin, wie ich zugeben muss, die Abstimmung mit Berlin und dem VBB und dem Programm i2030. Wir wissen, das soll das Beschleunigungsprogramm zum Ausbau insbesondere der Schienenverkehrsachsen sein. Leider scheint es eher – es läuft ja seit 2017 und es bewegt sich nicht wirklich etwas – ein Verlangsamungsprogramm zu sein.
Im Wissenschaftsbereich wird immer wieder die Stärke der Metropolregion in Forschung und Wissenschaft betont. Das sei ein großes Pfund, mit dem man wuchern könne. Ja, wir sind sehr gespannt, wie da der Beweis im Rahmen der Bewältigung des Strukturwandels in der Lausitz angetreten wird.
Ähnlich verhält es sich beim Klimaschutz. Die CO2-Emissionen des Flughafens durch unseren Airport mit Namen Berlin-Brandenburg werden jetzt allein Brandenburg zugeschrieben. Sieht so ein fairer Umgang mit Partnern, wie Sie schreiben, aus?
Ein abgestimmtes Vorgehen im Verkehrsbereich gibt es auch bei anderen Dingen nicht. Wenn wir uns die Verkehrspolitik anschauen, stellen wir fest: Berlin verbannt diese Fahrzeuge aus dem Innenring, führt Busspuren und sogenannte Pop-up- Radwege ein. Brandenburg macht das alles nicht, versucht eher, angebotsorientiert und nicht restriktiv zu arbeiten. Also, da kann man eine lange Liste führen.
Sie schreiben dann am Ende – ich zitiere noch einmal:
„Berlin und Brandenburg können die Herausforderungen dieses Jahrzehnts besser bestehen, wenn sie sich – aufbauend auf der bestehenden guten Zusammenarbeit – eng abstimmen. Die Verständigung auf gemeinsame Strategien und Vorhaben ist für beide Länder von Vorteil.“
Dazu sagen wir: Ihr Wort in die Ohren der beiden Landesregierung, dann würde mal was vorangehen. Leider ist das, was wir hier hören, nur Sonntagsrede. Warum sind Sie seit zwei Jahren in der Regierung und haben genau das alles nicht vorangebracht? Warum heißt es überall: sollen und können? Warum bedarf es überhaupt dieser Aktuellen Stunde? Sie haben zwei Jahre Zeit gehabt, das auf den Weg zu bringen.
Wir sind für eine differenzierte Zusammenarbeit mit Berlin, die den Bedürfnissen der Brandenburger gerecht wird und zum Beispiel die raumordnerische Entwicklung in Brandenburg, die Stärkung der Kommunen und die Planungshoheit vor Ort sicherstellt. Dafür braucht es eigene Vertretungen, eigene Organisationsformen, die die Brandenburger Spezifik explizit betrachten.
Wir hoffen also, dass diese Aktuelle Stunde irgendeinen Sinn hat und wenigstens dazu beiträgt, die schön beschriebenen Maßnahmenpakete im strategischen Gesamtraum der Hauptstadtregion nun endlich anzugehen und umzusetzen. Da wir aber zweieinhalb Jahre der Landesregierung zugeguckt haben, wie da nichts passiert, haben wir keine große Hoffnung. – Danke schön.