Energiestrategie 2040 der Landesregierung: Ein teurer Angriff auf Bürger und Artenschutz

30. Dez. 2021

Die Landesregierung veröffentlichte den Entwurf für ihre „Energiestrategie 2040“ am 23.12.2021 – einen Tag vor Heiligabend. Offensichtlich hoffte sie darauf, dass das Thema über die Feiertage untergeht. Denn ihr Konzept hat erhebliche Schwächen zum Schaden der Brandenburger Bürger und des Artenschutzes. Die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion macht diese nun öffentlich.

Landesregierung bleibt in vielen Punkten unklar

In vielen Bereichen bleibt die Landesregierung bewusst unklar. Sie erwähnt mehrfach Reservekraftwerke, Power-to-Heat und Wärmespeicher sowie Methanisierung als wichtige Pfeiler der Energiewende. Konkrete Zahlen zu benötigten Kapazitäten und den konkreten technischen Lösungen finden sich bei der Landesregierung jedoch nicht. Auch bei den geplanten Erzeugungsanlagen für Wasserstoff in Brandenburg nennt die Landesregierung nirgends eine konkrete Kapazität. Sie deutet nur implizit eine Kapazität in der Größenordnung von etwa 1.000 bis 3.000 MW an.

Überzogene Ausbauziele bei der Windkraft

Lediglich bei Windkraft und Photovoltaik wird die Landesregierung konkret: Die Windkraft will sie auf 15.000 MW ausbauen, die Photovoltaik auf 12.300 MW. Damit ist klar: Trotz deutlich höherer Kosten und damit verbundenem Subventionsbedarf bleibt die Landesregierung nicht nur beim überzogenen Ausbauziel der teureren Windkraft. Sie erhöht dabei die Ziele von 10.500 MW für 2030 noch einmal erheblich. Und dies, obwohl sie schon deren Erreichung selbst deutlich in Zweifel stellt:

 „Die Szenarienanalysen zeigen deutlich, dass ab 2020 viele Anlagen aus der EEG-Vergütung gefallen sind und noch fallen werden und daher mit einem deutlichen Rückbau gerechnet werden kann, so dass sich die Netto-Zubaukurve deutlich abflachen könnte. Dadurch könnte es im ungünstigsten Fall, in den Jahren 2023 bis 2029 ggf. sogar zu einem Rückgang der insgesamt in Brandenburg installierten Windenergieanlagen kommen.“ (Energiestrategie 2040 LR, S. 23)

Diese überzogene Zielsetzung steht dazu im Widerspruch. Dies ist umso unverständlicher, da die Landesregierung für Photovoltaik bei Dach- und EEG-tauglichen Flächen kürzlich ein Potential von 50.000 MW ermittelt hat. Mit gezielter Lenkung auf konfliktarme Flächen wäre ein großer Ausbau der nicht mehr subventionsbedürftigen Freiflächen-Photovoltaik kein Problem. BVB / FREIE WÄHLER hat bereits seit 7 Jahren wiederholt die Bereitstellung von ehemaligen Tagebauflächen für die Photovoltaik gefordert. Die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion wird zudem Anfang 2022 einen Antrag im Landtag stellen, um die Lenkung der Photovoltaik-Projekte auf geeignete Konversionsflächen zu erreichen.

Landesregierung drückt sich um klare Aussagen zu den Windkraft-Flächen

Die Frage, wo sie zusätzliche 7.500 MW an Windkraftanlagen bauen will, beantwortet die Landesregierung nirgends. Stattdessen verschleiert sie den Umfang des Problems. Sie schreibt lediglich, dass sie entgegen früherer Aussagen nun „über 2 %“ der Landesfläche für Windkraft reservieren will. Dass konkret ca. 75.000 Hektar an Windeignungsgebieten oder 2,54 % der Landesfläche benötigt würden, müsste der Leser dann schon selbst recherchieren und ausrechnen.

Die Erhöhung hört sich nicht dramatisch an, wird aber die Konflikte mit den Brandenburgern und Brandenburgerinnen und mit Natur und Umwelt weiter verschärfen. Landkreise, die bereits 2 % der Fläche für Windkraft ausgewiesen hatten, müssen die Flächen noch einmal um mehr als ein Viertel ausweiten – voraussichtlich über Landschaftsschutzgebiete oder an Stellen, die man wegen der Nähe zu Streusiedlungen bisher nicht in Betracht gezogen hatte.

Aufweichen von Arten- und Gesundheitsschutz

Bleibt die Landesregierung bei ihren Plänen, werden daher bald 250 Meter hohe Windkraftanlagen in unter 1.000 Metern Abstand zu Streusiedlungen entstehen. Denn das nun von SPD, CDU und Grünen beschlossene „Windenergieanlagenabstandsgesetz“ gilt nur für ausgewiesene Wohngebiete – nicht für die im ländlichen Raum dominierenden Streusiedlungen oder gar Einzelgehöfte. Einen Schutz der Brandenburger auch in diesen Gebieten hatte die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion beantragt. Die Abgeordneten von SPD, CDU, Grünen und Linken hatten dies am 16.12.2021 im Landtag abgelehnt. Nun wird klar, warum die Koalitionsfraktionen diese Brandenburger nicht schützen wollten. Gleichen Gesundheitsschutz für alle Bürgerinnen und Bürger, wie es das Grundgesetz vorschreibt, gibt es in Brandenburg also nicht, wenn es den Zielen der Landesregierung im Wege steht.

Die Landesregierung will zur Umsetzung ihrer Energiestrategie den Anwohner- und vor allem Artenschutz aufweichen. Dies kündigt die Landesregierung bereits verschleiert an. Zitat:

„Damit diese Steigerung der notwendigen Flächenbereitstellung erfolgreich umgesetzt werden kann, sind angepasste Rahmenbedingungen zum Ausbau der Windenergie erforderlich. Folgende Punkte gilt es anzugehen:

  • Die unterschiedlichen Schutzniveaus von Klimaschutz, Naturschutz und Artenschutz müssen angeglichen werden.“

(Energiestrategie 2040 LR, S. 41)

Wenn das Ziel die „Steigerung der notwendigen Flächenbereitstellung“ ist, dürfte klar sein, dass diese „Angleichung“ lediglich als ein Euphemismus für die Aufweichung von Naturschutz und Artenschutz zu verstehen ist.

Das Argumentationsmuster zur Begründung derartiger Angriffe auf Anwohner- und Artenschutz ist seit Jahren das gleiche: Der weitere massive Ausbau der Windkraft in Brandenburg wäre angesichts des Klimawandels alternativlos. Was angesichts des ermittelten Photovoltaik-Ausbaupotenzials nachweislich nicht stimmt. Das bereits im Sommer 2021 veröffentliche Energiekonzept 2040 von BVB / FREIE WÄHLER zeigt, dass der weitere Massenausbau der Windkraft gar nicht notwendig ist, um den Energie- und Fernwärmesektor CO2-neutral zu machen.

Unnötige Kosten in Milliardenhöhe durch Windkraft

Zudem zeigt es, dass der Fokus der Landesregierung auf den Ausbau der Windkraft den Klimaschutz sogar unnötig verteuert. So unterscheidet sich die Energiestrategie 2040 der Landesregierung gegenüber dem Energiekonzept 2040 der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion vor allem in zwei entscheidenden Punkten:

  • die Landesregierung will 7.000 MW zusätzliche Windkraft-Kapazität (Mehrkosten ca. 8,4 Mrd. €),
  • die Landesregierung will zusätzlich ca. 1.500 MW Elektrolyse-Kapazität (Mehrkosten ca.1,5 Mrd. €).

In Summe ergeben diese beiden Punkte Mehrkosten von rund 10 Milliarden Euro – etwa 4.000 Euro pro Brandenburger Bürger. Sie verdreifachen die Gesamtkosten gegenüber dem Konzept von BVB / FREIE WÄHLER.

Die zusätzliche subventionierte Windkraft in Brandenburg dient dabei zum großen Teil dazu, den Strombedarf der geplanten Elektrolyseanlagen zu decken. Zitat:

Von den genannten 15,0 GW sollen 3,0 GW vorrangig für die grüne Wasserstoffproduktion eingesetzt werden.“ (Energiestrategie 2040 LR, S. 41)

Die Begründung der Landesregierung, warum die Energie für Elektrolyseanlagen in erster Linie aus Windkraft statt günstigerer Photovoltaik stammen soll, mutet geradezu grotesk an:

„Die elektrische Energie [für die Elektrolyse] soll mittels Windkraft erzeugt werden, da hier die Prognosen für den Ausbau und den zukünftigen Ertrag valide sind.“ (Energiestrategie 2040 LR, S. 47).

Anders ausgedrückt: Weil die Landesregierung konkrete Pläne zum Ausbau der Windkraft hat, sagt die Landesregierung, dass Windkraft für die Wasserstoffproduktion zu verwenden ist. Völliges Schweigen zum Ausbau von Photovoltaik, die bereits 2018 die Ausbauziele erreicht hatte, die die ursprüngliche Energiestrategie 2030 erst für das Endjahr 2030 gesetzt hatte. Zumal die Landesregierung angesichts des zu erwartenden Rückbaus von Altanlagen den Ausbau der Windkraftkapazitäten bis 2029 selbst in Frage stellt. Dieser Fakt wird gegenüber der Öffentlichkeit mit Verweis auf die „validen Prognosen für den Ausbau“ und daraus resultierenden Ertrag argumentativ ins Gegenteil der Realität verkehrt. Kein einziges Wort zu den niedrigeren Erzeugungskosten von Strom durch Photovoltaik.

Unnötige Kosten durch Elektrolyse am ungeeigneten Standort

Neben den Windkraftanlagen müssten auch die Elektrolyseanlagen subventioniert werden. Aufgrund der wetterabhängigen Stromverfügbarkeit könnten sie nur an wenigen windreichen Stunden im Jahr laufen. Ausgehend von den 3,75 TWh Bedarf (Energiestrategie 2040 LR, S. 47) und 1.500 MW Elektrolysekapazität ergeben sich nur 2.500 Vollaststunden pro Jahr. Experten gehen jedoch von mindestens 5.000 Vollaststunden im Jahr aus, um wirtschaftlich arbeiten und mit importiertem grünem Wasserstoff aus kontinuierlichen Stromquellen wie Wasserkraft konkurrieren zu können (siehe u. a. Deutscher Bundestag Drucksache 19/29793 – Begründung zu § 12i EEV).

Mehrere Institute der Fraunhofer-Gesellschaft prognostizieren den wirtschaftlichen Großeinsatz von Elektrolyseanlagen. Allerdings für Regionen, in denen bei Stromgestehungskosten von 3 Cent/kWh oder weniger mindestens 4.000 Vollaststunden Elektroenergie zu Verfügung stehen (Eine Wasserstoff-Roadmap für Deutschland, Hebling, Ragwitz et. al 2019). Beides ist in Brandenburg weder für Strom aus Windkraft, noch für Strom aus Photovoltaikanlagen gegeben. Sowohl über Windkraft betriebene Elektrolyseanlagen sind in Brandenburg folglich international nicht konkurrenzfähig und damit langfristig subventionsbedürftig.

Die Fraunhofer Institute prognostizierten damit auch die Möglichkeit, grünen Wasserstoff günstig zu importieren. Die Landesregierung wischt diese im Vergleich zur Produktion vor Ort günstigere Option weg:

„[…] um die Energieimporte und damit die Kosten so gering wie möglich zu halten […]“ (Energiestrategie 2040 LR, S. 47).

Kosten sind für die Landesregierung also Argument gegen den Import von Energie. Derweil werden die erheblich höheren Kosten zur Vermeidung dieser Energieimporte komplett ausgeblendet und wissentlich in Kauf genommen.

Aspekte des Klimaschutzes

Klimaschutz ist kein Argument, die Energiestrategie der Landesregierung gegenüber der der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion zu bevorzugen. Denn in beiden Konzepten ließe sich die CO2-Emission aus dem Energiesektor durch Umstellung der Gaskraftwerke auf Betrieb mit Wasserstoff auf null senken. In beiden Fällen wäre hierfür der Import von Wasserstoff notwendig. Im Fall des Konzepts der Landesregierung wäre dieser ohnehin notwendige Import lediglich etwas geringer, da ein Teil des Wasserstoffs unter hohen Kosten vor Ort produziert wird.

Dieses hochsubventionierte Bestreben nach teilweiser Autarkie ist ökonomisch jedoch völlig unsinnig. Der Import von Wasserstoff etwa aus norwegischer Wasserkraft wäre erheblich günstiger als Wasserstoff vor Ort mit subventionierter Windkraft zu produzieren. Ganz zu schweigen davon, dass der Import den Brandenburgern nicht nur erhebliche Kosten ersparen würde, sondern sie auch vor der Verdopplung der bereits bestehenden Windkraftanlagen bewahrt.

Fazit

Die Energiestrategie der Landesregierung hat eindeutig nicht die Zielstellung, mit möglichst wenig finanziellem Aufwand eine Klimaneutralität im Energiesektor zu erreichen. Stattdessen ist sie darauf ausgelegt, eine Begründung für die weiteren Ausbau der Windkraft zu liefern. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Landesregierung „Klimaschutz“ lediglich als Vorwand dient, um das von ihr geplante teure Subventionsgeflecht auf Kosten der Bürger zu begründen. Die Zielstellung dürfte eher darin gelegen haben, Bundessubventionen nach Brandenburg zu ziehen und Lobby-Interessen zu bedienen.

Die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion beurteilt die Energiestrategie 2040 der Landesregierung als unnötig teuer und schädlich für die Bürger in Brandenburg. Die Energiestrategie 2040 ist zudem eine Bedrohung für die Artenvielfalt. Als Gegenvorschlag hat sie das Energiekonzept 2040 der BVB / FREIE WÄHLER Fraktion unterbreitet. Dieses ist nicht nur günstiger, sondern auch besser für die Anwohner sowie den Landschafts- und Artenschutz.

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