Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begrüße den 22. Abgeordneten nach der Mittagspause wieder im Plenum! Ihnen liegt heute der Gesetzentwurf der Fraktion BVB / FREIE WÄHLER zur Einführung eines brandenburgischen Lobbyregisters vor. Die Mitwirkung von Interessenvertreterinnen und -vertretern bei Gesetzesvorhaben des Parlaments und der Regierung gehört zu den Wesensmerkmalen eines demokratischen Staates. – Meine Uhr läuft noch nicht, Frau Präsidentin. – Durch die Einbeziehung und Anhörung von Verbänden erhält die Politik Einblick in die Mitte von Gesellschaft und Wirtschaft und kann die dadurch gewonnenen Erkenntnisse in den weiteren Entscheidungsprozess einfließen lassen. Durch die jeweilige Expertise gewinnt die Gesetzgebung zusätzliche Qualität.
Dieser Lobbyismus ist aber nur dann legitim, wenn er auch transparent und integer ist. Ein zentrales Problem für den demokratischen Staat ist dann gegeben, wenn Lobbyverbände im Verborgenen agieren und eine Einflussnahme auf Abgeordnete, die Gesetzgebung und die Regierung für Bürgerinnen und Bürger nicht mehr transparent nachvollziehbar ist. Dies führt langfristig zu Misstrauen und Vertrauensverlust gegenüber der Politik und ihren Repräsentanten.
Der Landtag Brandenburg hat im Jahr 2013 die Einführung eines Registers von Interessenvertretungen beschlossen. Eine Eintragung seitens der Interessenvertreter in diese von der Präsidentin geführte öffentliche Liste erfolgt bislang nur freiwillig. Die eingetragenen Verbände werden lediglich alle zwei Jahre um die Aktualisierung ihrer Daten gebeten. Zwar dürfen nach der derzeitigen Regelung nur in das Register eingetragene Verbände an parlamentarischen Anhörungen teilnehmen. Eine Regelung darüber, inwiefern dies kontrolliert wird, gibt es aber nicht. Ebenso ist in dem derzeitigen Register für die Bürgerinnen und Bürger nicht ersichtlich, wer mit welchen Beiträgen an Gesetzgebungsverfahren mitgewirkt hat.
Um einen verbindlichen Rahmen zu schaffen, sieht unser Gesetzentwurf nun eine Registrierungspflicht für diejenigen Interessenvertretungen vor, die an parlamentarischen Willensbildungsund Entscheidungsprozessen mitwirken. Die Interessenvertretungen erkennen dafür einen Verhaltenskodex an, der auf den Grundsätzen der Fairness, der Offenheit, der Transparenz sowie der Integrität basiert und der vom Landtag und der Landesregierung erarbeitet werden soll. Dies wird seit Jahren von Transparency International Deutschland e. V. gefordert. Ebenfalls ist vorgesehen, dass die Interessenvertretungen ihre Auftraggeber nennen, um so auch weitläufigeren Einfluss transparent zu machen. Damit soll im Kern erkennbar werden, wer für wen Lobbyarbeit macht.
Es muss für die Bürgerinnen und Bürger zum Beispiel transparent gemacht werden, wer wie auf die Unterlagen für den Beschluss der Regionalversammlung Uckermark-Barnim am 21.06.2021 zu den voraussichtlichen Planungskriterien zur Steuerung der Windenergienutzung gemäß § 2c Abs. 1 des Gesetzes zur Regionalplanung und zur Braunkohlen- und Sanierungsplanung eingewirkt hat. Es muss klar sein, wie hoch der Anteil der Interessen der Windlobby ist, der in die Beratungsunterlagen zu den tierökologischen Abstandskriterien eingeflossen ist, wer Unterlagen zur Verfügung gestellt hat und von wem die Daten stammen. Dies als Beispiel.
Die Transparenz muss im gesamten Verfahren deutlich sein. Unser Gesetzentwurf sieht auch die Offenlegung von finanziellen Aufwendungen, Zuwendungen, Zuschüssen und Spenden vor. Bei Verstößen ist sowohl eine Entziehung der Zugangsberechtigung zum Landtag als auch eine Geldbuße in Höhe von bis zu 50 000 Euro vorgesehen. Gleichzeitig wird durch eine jährliche Aktualisierungspflicht sichergestellt, dass das Register auf dem aktuellen Stand ist. Die Mehrheit der Gesetze wird nicht vom Landtag initiiert, sondern von den jeweils einbringenden Ministerien. Das Lobbyregistergesetz muss daher auch für die Landesregierung und die ihr unterstellten Behörden gelten. Daneben setzen wir uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für die Offenlegung von schriftlichen und elektronischen Stellungnahmen, Gutachten und Quellen von registrierten Interessenvertretungen zu Gesetzgebungsverfahren ein. Dem Beirat kommt neben einer Kontrollfunktion nun auch eine Berichtspflicht gegenüber dem Landtag – alle zwei Jahre – zu. Der Landtag erhält dadurch die Gelegenheit, Missstände rechtzeitig zu erkennen und zu beheben.
Sehr geehrte Damen und Herren, es soll für die Bürgerinnen und Bürger offen und transparent gemacht werden, auf welche Art und Weise und mit welchem Inhalt auf den politischen Meinungsbildungs- und Willensbildungsprozess eingewirkt worden ist. So wird der negativen Besetzung des Lobbyismus mit Fairness, Offenheit, Transparenz und Integrität begegnet. Dies haben in einer ähnlichen Form bereits der Bund, der Freistaat Bayern und der Freistaat Thüringen umgesetzt. Es ist Zeit, dass auch Brandenburg sich dazu bekennt. – Vielen Dank.