Rede von Péter Vida in Textform:
Herr Abg. Vida (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Dieser Zwischenruf ermöglicht mir, noch einmal deutlich zu machen, worum es bei diesem Antrag geht: nämlich darum, dass es seit der Wende in Bernau eine Umgehungsstraße braucht. Das ist keine neue Forderung, und der Bedarf wird dort parteiübergreifend gesehen.
Aus diversen Gründen ist die Realisierung einer entsprechenden Straße in den 90er-Jahren gescheitert, während in anderen Orten mit ähnlichen Verkehrs- bzw. Verdichtungssituationen entsprechende Errichtungen erfolgt sind. Es wird also nicht etwas Exotisches gefordert, sondern etwas, was andernorts völlig üblich ist, in Bernau aber in den 90er-Jahren vergessen bzw. aus diversen Gründen nicht realisiert wurde.
Das sage nicht nur ich, sondern auch der Landesstraßenbedarfsplan sieht das so vor. In ihm ist die Errichtung einer Ortsumgehungsstraße für Bernau als notwendig benannt, und diese befindet sich jetzt bereits in der Top-20-Prioritätenliste des Ministeriums – wenn auch mit einer anderen Wegführung. Allerdings: Der Bedarf an sich ist nichts Neues und wird auch seitens des Landes gesehen.
Der Antrag bezweckt also lediglich, diese Ortsumgehungsstraße zu priorisieren und eine neue Wegführung vorzuschlagen. Warum tun wir das? Weil es seit dem Jahr 2010 – also seit der Verabschiedung bzw. Publikation des letzten Landesstraßenbedarfsplans – Änderungen erheblichen Ausmaßes gegeben hat. Was ist seitdem geschehen? Es gab einen signifikanten Zuzug nach Bernau, der zu erheblichem Wachstum in verschiedenen Ortsund Stadtteilen führte. Wohngebiete sind hinzugekommen. Eine erhebliche Verdichtung, auch Verkehrsverdichtung hat sich ergeben; zusätzliche Versiegelung und ein erhebliches Verkehrsaufkommen sind hinzugekommen. So bildet die Innenstadt ein enges Nadelöhr, durch das 11 000 Kfz pro 24 Stunden geführt werden, und zwar auf einer Straßenfläche, die nicht dem Verkehrsaufkommen und schon gar nicht der Größe der Stadt entspricht. Es gibt kaum eine Stadt in Brandenburg, in der das Wachstum der Bevölkerung und bei Siedlungsgebieten in solch einem krassen Missverhältnis zum Zuwachs – dem nicht vorhandenen Zuwachs – der Verkehrsfläche steht.
Bevor es heißt, die Stadt habe ja auch die Möglichkeit, Maßnahmen zu ergreifen: Das tut sie. Die Stadt setzt auf mehr öffentlichen Personennahverkehr. Buslinien – teilweise selbst finanzierte Stadtbuslinien – werden etabliert. Aber auch die benötigen Straßen, um Orts- und Stadtteile miteinander zu verbinden.
Des Weiteren haben wir seit 20 Jahren eine deutlich erhöhte Feinstaubbelastung. Auch sie steht in direktem Zusammenhang mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen; da gibt es eine extreme Zunahme.
Und was ist neu? Neu ist die Ablehnung des 10-Minuten-Taktes für die S-Bahn, die vielleicht eine Alternative hätte darstellen können, durch Sie. Wer auf der einen Seite den 10-Minuten-Takt auf dieser dichtest besiedelten S-Bahn-Strecke als nicht vordringlich erachtet, kann nicht erzählen, dass es auf der anderen Seite – bei der Verkehrsentlastung – keiner Maßnahmen bedürfe. Und es ist auch nicht absehbar, dass der 10-Minuten-Takt von Ihnen eingeführt wird; Sie haben das ja wieder um fünf bis zehn Jahre vertagt.
Meinen Damen und Herren, die Routenführung sieht entgegen allen Erzählungen und Bekundungen vor, den Verkehr um die Innenstadt herumzuführen, um so auch die Stadtteile miteinander zu verbinden. Wir reden also nicht von einer klassischen Umfahrung, sondern einer, die – wie in der Diskussion befindlich – Stadtund Ortsteile miteinander verbindet, sodass auch der öffentliche Personennahverkehr sinnvoller genutzt werden kann und somit insgesamt attraktiver wird. Diese Routenführung ersetzt den bisherigen Vorschlag. Der bisherige Vorschlag, gegen den sich kein Protest rührte, führt durch ein Biotop – die Pankeniederung -, und die derzeit im Plan enthaltene Wegführung ist deutlich umweltschädlicher als die von uns vorgeschlagene weiträumige Umfahrung, die in weiten Teilen ehemalige DDR-Straßen, die sich nicht mehr in Benutzung befinden, aufgreift. Die Routenführung, die heute nicht zur Abstimmung, aber in der öffentlichen Diskussion steht, reagiert auf neue Wohngebiete, die somit Anschluss erhalten, um unterm Strich sich aufsummierende Fahrtkilometer zu mindern.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass die Stadt Bernau ihre Hausaufgaben übererfüllt hat. Die anderthalb Kilometer lange bahnparallele Entlastungsstraße, die vor einem Monat eingeweiht wurde, wurde von der Stadt Bernau aus eigenen Mitteln in Höhe von knapp 3 Millionen Euro finanziert, geplant, errichtet und mittlerweile auch eröffnet.
Ihnen liegt ein Neudruck vor. Dieser Neudruck ist erforderlich geworden, um den Antragstext etwas abzuändern und für Sie leichter verdaulich zu machen. Es geht nun darum, die neue Option im Rahmen des ohnehin zu erstellenden neuen Landesstraßenbedarfsplans zu prüfen. Dies entspricht – entgegen dem unqualifizierten Zwischenruf gleich zu Beginn – der überparteilichen Resolution der SVV Bernau. Das ist also kein recycelter Antrag, der in Bernau keine Mehrheit fand, sondern ein Antrag, der in Bernau eine große Mehrheit hatte. Wenn man die Parlamentsdokumentation aufmerksam verfolgte, würde man feststellten, dass dieser Antrag – diese überparteiliche Resolution der SVV Bernau – mittlerweile auch dem Landtag und der Landesregierung übermittelt wurde, mit der parteiübergreifenden Bitte, der Forderung nach der Realisierung der Ortsumfahrung nachzukommen und diese voranzutreiben.
Das Argument, es könnten ja auch andere kommen, lassen wir nicht gelten, denn es ändert nichts daran, dass es hier notwendig – und zwar akut notwendig – ist. Wir reden von der siebtgrößten Stadt Brandenburgs. Die Stadt ächzt seit Jahren unter dem zunehmenden Verkehr. Es ist eine Wachstumsregion, deren besondere Siedlungsstruktur diese Maßnahme dringend erforderlich macht.
Deswegen, meine Damen und Herren, legen wir diesen Antrag hier vor, nachdem wir ihn mehrfach vertagt oder verschoben haben. Wir sind der Überzeugung, dass diese Maßnahme jetzt, im Vorgriff auf die Planungen im Bereich des Landesstraßenbedarfsplans, nötig – und zwar dringend nötig – ist. Die Bürger Bernaus und des gesamten Barnims, die das ja betrifft, werden es Ihnen danken, wenn Sie diese infrastrukturell notwendige, infrastrukturell-ökologisch sinnvolle und vor allem bürgerfreundliche Maßnahme in Angriff nehmen. Und um das weiterzuqualifizieren und auch weitere Überlegungen einfließen zu lassen, beantragen wir – in dem Wissen, dass eine Wegführung immer das Ergebnis ganz vieler Abwägungen ist, die aber die Stadt Bernau allein nicht leisten kann – die Überweisung an den zuständigen Ausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.