Rede von Christine Wernicke in Textform:
Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ehrenamtliches Engagement existiert erfreulicherweise in Brandenburg in vielen verschiedenen Bereichen, ob bei der freiwilligen Feuerwehr, in Seniorentreffs, beim Sport oder bei der Seelsorge. Jeder dritte Brandenburger engagiert sich freiwillig und gern. Diese Bürger leisten zum Teil Ersatz für staatliche Strukturen, die in den letzten Jahrzehnten Kürzungen zum Opfer fielen. Sie sorgen dadurch für Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung in der Zivilgesellschaft. Daher muss diese zentrale Aufgabe natürlich von der Politik gewürdigt werden.
Wichtiger als Worte ist dabei jedoch die Unterstützung mit konkreten Maßnahmen. Doch die Unterstützung ist leider nicht selbstverständlich: Nach einer 14-monatigen Verzögerung des vorliegenden Antrags – allein der Zeitraum ist schon beschämend – hätte man seitens der Koalition mehr Entgegenkommen erwarten können. Aber stattdessen führte die Koalition im Haushalt einen regelrechten Kahlschlag beim Ehrenamt durch.
Im Hauptausschuss wurde eine dreistündige fundierte Anhörung mit vielen Anregungen zum Thema Ehrenamt durchgeführt. Der Auswertung der Anhörung widmete man jedoch gerade einmal 15 Minuten, und nichts wurde übernommen. Dabei ist in der Anhörung deutlich geworden, was Vereine brauchen: Es ist vor allem weniger Bürokratie, damit sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Der derzeitige Zustand, in dem Vereine immer mehr Ressourcen darauf verwenden müssen, Anträge zu schreiben, um auch eine zukünftige Förderung zu sichern, führt zu dem absurden Resultat, dass immer weniger Zeit und Mittel für die eigentliche Tätigkeit bleiben – das gilt es zu verhindern. Die Nachweisführung zu vereinfachen würde ebenfalls dazu führen, dass beim eigentlichen ehrenamtlichen Engagement mehr Kräfte mit weniger Frust entfaltet werden könnten.
Ein anderer wichtiger Punkt ist die stärkere Nutzung digitaler Angebote. Die Erfahrungen während der Coronapandemie haben bereits gezeigt, wie hilfreich die Nutzung digitaler Tools im ehrenamtlichen Bereich sein kann. Hierdurch lassen sich ehrenamtliche Angebote gut organisieren, hierdurch ist es möglich, Gruppen aus der Ferne zu erreichen.
Aber nichts davon wird diskutiert. Stattdessen legt die Koalition einen Antrag vor, der vorsieht, das umzusetzen, was der Landtag im Wesentlichen schon längst beschlossen hat. Was, bitte schön, bedeutet denn „die Möglichkeiten des Engagements […] sichtbar zu machen“? Und wie sollen die weiteren im Antrag genannten Punkte konkret ausgebaut und entwickelt werden?
Das sind symbolische Gesten, die lediglich für ein Foto reichen und die Komplexität und die Bedürfnisse der Thematik komplett verkennen.
Wenn man anspricht, dass Maßnahmen fehlen, durch welche den Ehrenamtlichen konkret geholfen werden würde, lautet die höflichere Reaktion, dass kein Geld vorhanden sei. Das ist jedoch in vielen Fällen keine nachvollziehbare Begründung. Denn viele der von den Linken vorgeschlagenen, aber letztlich nicht umgesetzten Punkte hätten keine Mehrausgaben verursacht. Und es sollte doch eigentlich gute Tradition sein, dass man sich bei einer solchen Querschnittsaufgabe, bei der sich im Grunde alle einig sind, auch verständigt. Hierzu ist die Koalition nicht bereit, das sagt viel aus.
Die Bilanz für das Ehrenamt in dieser Legislaturperiode sieht bisher wie folgt aus: Die Mittel zur Förderung des Ehrenamts im Bereich der Staatskanzlei wurden im Haushalt gekürzt. Der Versicherungsschutz für ehrenamtlich Tätige wurde nicht erweitert. Es erfolgte keine substanzielle Auswertung der Anhörung der ehrenamtlich Engagierten. Die nötigen und praktikablen Schritte dieses Antrags sind offenbar nicht gewollt; wenigstens Letzteres hätte man erwarten können.
Vizepräsident Galau: Frau Abgeordnete Wernicke, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):
Danke, nein. – In Summe stellt dies ein schlechtes Zeugnis für den Umgang mit dem Ehrenamt dar. Deswegen werben wir, BVB / FREIE WÄHLER, für die Annahme des Antrags der Linken, der konkrete Punkte beinhaltet, auf Bedürfnisse vor Ort reagiert und nach 14 Monaten Wartezeit eine vernünftige Behandlung verdient hat. – Vielen Dank.