Péter Vida zu „Minority SafePack-Initiative mehr Minderheitenrechte“ von BVB/FW und LINKE – 24.03.21

24. März 2021

Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking

Rede von Péter Vida in Textform:

Herr Abg. Vida (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Minderheitenschutz ist nicht mehr und nicht weniger als Menschenrechtsschutz. Deswegen sind die Wahrung der sprachlichen Vielfalt und der Schutz der ethnischen Minderheiten ein großer europäischer Wert an sich, denn sie erlauben den Menschen Identifikation mit ihrer Herkunft und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Im Übrigen tragen sie – deswegen ist das ein wichtiger Punkt – zum Frieden in Europa bei – gegen Revisionismus, gegen Grenzrevisionismus -, weil man sicher sein kann, dass die Rechte der Minderheiten in allen Mitgliedsstaaten der EU gewahrt werden. Deswegen ist ihr Schutz eine friedenssichernde Maßnahme.

Genau deswegen haben wir in Brandenburg die Aufgabe, über den Tellerrand hinausschauend unsere Position zu artikulieren. Genau deswegen braucht es auch rechtliche Bestimmungen, die über Willensbekundungen hinausgehen. Es muss sichergestellt sein, dass der Bildungsweg in der Muttersprache möglich ist, dass die Minderheitensprache auch in der Behördensprache Anwendung finden kann, dass in der Minderheitensprache Medieninhalte angeboten werden, dass EU-Förderprogramme auch für Minderheiten erreichbar sind. Genau deswegen, Herr Teichner, braucht es nun einmal EU-Regelungen: weil sich der Schutz der ethnischen Minderheiten im Zweifel gegen die Regierung des jeweiligen Staates richten muss. Wenn im Rahmen der Europäischen Union bestimmte Rechte des Europäischen Vertrags nicht gewahrt werden, muss es eine Möglichkeit geben, sie auf europäischer Ebene durchzusetzen, damit gerade die gemeinsamen europäischen Werte in jedem Mitgliedsstaat durchgesetzt werden.

Natürlich stellt das auch eine große kulturelle Bereicherung dar, oft mit religiösen und Brauchtumsbezügen. Die vielen soziokulturellen Bezugspunkte, die sich ergeben, sind ein Schatz, den es zu verteidigen gilt. Ja, es hat auch etwas mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und der Minderheiten zu tun. Artikel 3 Abs. 3 des EU-Vertrags regelt ganz eindeutig, dass das kulturelle Erbe Europas zu schützen ist.

Ja, wir haben in der EU gute Situationen, wenn ich beispielsweise an die deutschsprachige Minderheit in Ostbelgien oder an die Schweden in Finnland denke. Aber natürlich gibt es auch problematische Situationen, etwa die rechtliche Situation der Roma in mehreren Ländern, die rechtliche Situation der ungarischen Minderheit in der Slowakei und in Rumänien, aber auch der Schutz der irischen Sprache vor dem Aussterben – sicherlich ein anders strukturiertes Problem, aber auch ein Problem. Und wenn wir über die Grenzen der EU, aber noch innerhalb Europas, hinausschauen, sehen wir, dass wir dort ganz andere Probleme haben. Ja, das muss auf europäischer Ebene angegangen werden, und wenn wir davon reden, dass man das auf europäischer Ebene angehen muss, müssen wir in Brandenburg mit gutem Beispiel vorangehen. Deswegen ist die Entwicklung, die wir zu beobachten haben, sehr wohl befremdlich.

Es steht in Art. 3 des EU-Vertrags; es gibt die Unterschriften von über 1,1 Millionen EU-Bürgern; das EU-Parlament stimmt mit überwältigender Mehrheit dafür; der Europäische Gerichtshof äußert sich diesbezüglich richtungsweisend – und die EU-Kommission sagt: Brauchen wir nicht! – Der SPD-Vertreter sagte heute auch: Die EU-Kommission macht das schon, die hat ihre Programme. – Offenkundig nicht. Und genau weil das unbefriedigend ist, muss der Brandenburger Landtag das Bekenntnis ablegen, dass wir die Werte Vielfalt und Minderheitenschutz teilen.

Wir haben in unserer Arbeit hier im Landtag immer einen starken EU-Bezug herausgestellt; auch die Landesregierung tut das. Wer die Landesverfassung ernst nimmt, in der wir den Schutz der Sorben verankert haben, muss dem zustimmen, auch was Minderheitenschutz über die Grenzen Brandenburgs hinaus angeht. Wer die Würdigung demokratischen Engagements ernst nimmt – 1,1 Millionen Unterschriften -, muss dem zustimmen. Und auch wer den Schutz kleiner werdender Sprachschätze ernst nimmt, muss dem zustimmen.

Nun ist es nicht so, dass Brandenburg hier alleine steht. Der Bundestag, das holländische Parlament, das ungarische Parlament und diverse Regionalparlamente haben dafür votiert – nicht wesie explizit dafür zuständig sind, sondern weil sie das unterstützen und auch dokumentieren.

Wenn wir jetzt von der CDU hören, dass wir das alles in dieser Form nicht brauchen, muss ich sagen: Die Initiatoren dieses Volksbegehrens auf europäischer Ebene waren die RMDSZ aus Rumänien und die Südtiroler Volkspartei – gemeinsam mit der CDU allesamt Mitglieder der Europäischen Volkspartei. Deswegen geht es heute nicht um Parteipolitik, sondern um den Schutz von Menschenrechten, den Schutz der Grundwerte der Europäischen Union und auch um die Würdigung demokratischer Prozesse. Genau deswegen ist es in der guten europäischen Tradition des Brandenburger Landtages angezeigt, dass er sich in die überparteilichen Beschlussfassungen anderer Gremien einreiht.

Im Übrigen haben nach meiner Erinnerung im Bundestag nahezu alle Brandenburger Bundestagsabgeordneten parteiübergreifend dafür votiert. Deswegen gibt es überhaupt keinen Grund außer vielleicht irgendeiner parteipolitischen, na ja, Akrobatik, sich jetzt gegen diesen Antrag zu positionieren. Ihm kann man auch als diese Koalition zu dieser Stunde durchaus gesichtswahrend zustimmen, wozu ich Sie noch einmal einlade. – Vielen Dank

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