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Rede von Péter Vida in Textform:
Herr Abg. Vida (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete!
„Wir sind vereint in unserem gemeinsamen Bekenntnis, die Erinnerung an den Holocaust lebendig zu halten und den Antisemitismus zu bekämpfen.“
Mit diesen würdevollen Worten begann Bundespräsident Steinmeier zum Jahrestag der Befreiung von Auschwitz-Birkenau am 27. Januar dieses Jahres das Gedenken. Auch wir als BVB / FREIE WÄHLER begrüßen, dass es nunmehr sichtbare Schritte zur Verwirklichung des Synagogenbaus in unserer Landeshauptstadt geben wird. Es erfüllt uns mit besonderer Freude, dass dies im Festjahr „1 700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ geschieht – und dass wir bei der Unterstützung jüdischen Lebens nun nicht mehr hinter der Bundeshauptstadt zurückstehen müssen. Dort wird unter Leitung des Rabbiners Prof. Nachama sogar schon an einem House of One für die drei großen Religionsgemeinschaften gebaut.
Ich erlaube mir als Christ, darauf hinzuweisen, dass Papst Johannes Paul II. uns anlässlich seines Besuchs der Großen Synagoge von Rom den Satz hinterlassen hat, dass die Juden unsere älteren Geschwister sind. Auch der israelische Staatspräsident Rivlin hat 2019 in einem Interview darauf hingewiesen, dass das Judentum die Mutter vieler Religionen ist und wir ihre Kinder sind. Deswegen hoffe ich, dass auch viele nichtjüdische Bürger in der neuen Synagoge willkommen geheißen werden.
Vor allem treten wir dafür ein, dass dem Beschluss des Landtages vom Januar 2020, nämlich die Förderung jüdischen Lebens in Brandenburg mit konkreten Maßnahmen zu versehen, ein ganz klares Gesicht gegeben wird. Was gibt es Größeres in diesem Kontext und was für ein sichtbareres Ergebnis als einen Synagogenbau? Und deswegen ist der Ministerin zu danken, dass sie nach den anfänglichen kontroversen Schwierigkeiten nunmehr den Synagogenbau vorantreibt und insbesondere auch Schritte vollzieht – dass wir nicht nur darüber reden, sondern handeln und ganz konkret messbare, sichtbare Maßnahmen vollzogen werden.
Natürlich ist es so – uns ist das auch nicht verborgen geblieben -, dass es immer Diskussionen gegeben hat und noch weiter Diskussionen gibt. Aber ich bin der Überzeugung, dass, wenn man einen ersten guten Schritt vollzieht und hierzu auch die nötige demokratische Legitimation dokumentiert, das auch dazu führt, dass vielleicht die eine oder andere Streitposition innerhalb der jüdischen Gemeinde im gemeinsamen Bestreben, ein gutes Ergebnis zu erzielen, überwunden wird. Es ist ja häufiger schon so gewesen, dass man, wenn man sich auf den Weg macht, doch mehr mitnimmt, als wenn man am Anfang des Weges immer darüber streitet, ob man überhaupt losgehen möchte. Deswegen glaube ich, dass der Synagogenbau vom Kulturministerium so begleitet wird, dass alle jüdischen Mitbürger das Ergebnis trotz aller Unterschiede in Detailfragen gut aufnehmen können, und Potsdam insgesamt stolz auf dieses neue Gebäude im Stadtbild sein wird.
Wir als Freie Wähler treten dafür ein, dass jede Religionsgemeinschaft öffentliche Hilfe und Unterstützung bei ihrer Religionsausübung beanspruchen kann. Hier aber haben wir eine Besonderheit, nämlich die Überwindung der unmittelbaren Folgen der Shoah 75 Jahre nach dem Holocaust auf den Weg zu bringen, und das sehr wohl mit öffentlicher, politischer Unterstützung.
Doch wir wollen noch einen Schritt weiter gehen. Wenn wir eine Synagoge in der Landeshauptstadt haben – Cottbus hat dank der Umwidmung der ehemaligen evangelischen Schlosskirche eine Synagoge -, müssen wir auch zur Kenntnis nehmen, dass es noch weitere jüdische Gemeinden in Brandenburg gibt, die mit einer beträchtlichen, dreistelligen Zahl von Mitgliedern vor Ort tätig sind, ohne hinreichende und würdige Räumlichkeiten für Zusammenkünfte und Gebete an hohen Feiertagen zu haben. Ich meine hier insbesondere die Gemeinde in meinem Heimatlandkreis Barnim, die sehr aktiv ist, recht groß ist und ebenfalls dringend eine entsprechende und ansprechende Gebetsräumlichkeit – wenigstens – am Ort benötigt, weil gerade dort die Altersstruktur lange Wege nicht erlaubt. Daran möchte ich erinnern.
Meine Damen und Herren, wenn wir heute über den Synagogenbau beraten, verbinde ich das auch mit dem permanenten Gedenken an den Überfall auf die Synagoge in Halle und die Abwehr jeglicher antisemitischen Übergriffe. Die immerhin über 2 200 Vorfälle im letzten Jahr mahnen uns, hier wachsam zu sein und mit allen Mitteln des Rechtsstaates dagegen vorzugehen. Das ist uns ein besonderes Anliegen.
Meine Damen und Herren, wir haben die seltene Chance, historisches Unrecht ein Stück weit wiedergutzumachen, um damit Sühne zu üben und zugleich den bei uns lebenden Juden ein Zeichen zu senden: Ihr gehört zu uns, ins Herz der Hauptstadt unseres Bundeslandes! – So sehen wir das, und wir freuen uns, dass es auch die große Mehrheit dieses Hauses so sieht und dies durch ein erhebendes Abstimmungsergebnis hoffentlich auch dokumentiert und als Zeichen in die Öffentlichkeit sendet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.