Christine Wernicke zum Gesetzentwurf „Kommunale Jahresabschlüsse“ von SPD, CDU, Grüne vom 15.12.2020

15. Dez 2020

Rede von Christine Wernicke in Textform:

Frau Abg. Wernicke (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Präsident!

Sehr geehrte Abgeordnete! Vor zwei Jahren wurde dieses Gesetz verabschiedet. Heute soll nun eine Änderung beschlossen werden, weil die bestehenden Regelungen ungeeignet seien, um die gesetzlich normierte Frist zur Beschlussfassung über die geprüften Jahresabschlüsse durchzusetzen. Ungeeignet? Die Änderungen seien erforderlich, um die Gemeinden und Gemeindeverbände künftig zur Einhaltung der gesetzlichen Regelung zu motivieren. Zu motivieren?

Wo stehen wir nach zwei Jahren? Für das Jahr 2015 sind noch nicht einmal 50 % – Herr Noack, würden Sie mir zuhören? – der Jahresabschlüsse beschlossen. Wir haben aber bereits das Jahr 2020. Jeder Steuerzahler, jeder Unternehmer hat bis zum 31.07. des Folgejahres Zeit, seine Steuererklärung einzureichen. Und die Kommunen? Es wird einfach das Gesetz geändert und der Inhalt minimiert!

Wie können Gemeindevertreter einen Jahresabschluss beschließen, wenn sie zum Beispiel keine Erläuterungen zu den einzelnen Positionen der Ergebnisrechnung und den Posten der Bilanz sowie zu den Abweichungen gegenüber dem Vorjahr erhalten, wenn sie keine Erläuterungen zu außerordentlichen Erträgen und Aufwendungen erhalten, wenn sie über Sachverhalte, aus denen sich künftige finanzielle Verpflichtungen ergeben können, nicht informiert werden? Wesentliche Informationen, die für die Kontrolle der Verwaltung unabdingbar sind, werden den Gemeindevertretern und Stadtverordneten vorenthalten. Wie soll eine Entlastung des Hauptverwaltungsbeamten gemäß § 28 Abs. 2 Nummer 15 der brandenburgischen Kommunalverfassung ohne Kenntnis dieser Grundlagen erfolgen? Inzwischen müssen viele Gemeindevertreter und Stadtverordnete Haushaltsentscheidungen treffen, ohne dass ihnen in ihrer gesamten Wahlperiode – bei manchen sind es schon zwei Wahlperioden – geprüfte Ist-Daten eines Rechnungsprüfungsamtes vorliegen.

Fehlende Jahresabschlüsse sind keine Formalie, sondern stellen einen Verstoß gegen gesetzlich normierte Haushaltsgrundsätze dar. Sie begründen Zweifel an der geordneten Haushaltswirtschaft, die Verwendung von Steuermitteln wird nicht nachgewiesen, und die Beurteilung der dauerhaften Leistungsfähigkeit einer Kommune ist unmöglich. Und so soll es in Brandenburg weitergehen? Ernsthaft?

Nach § 54 Abs. 1 Nummer 2 der Kommunalverfassung hat der Hauptverwaltungsbeamte die Beschlüsse der Gemeindevertretung vorzubereiten. Es ist seine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Jahresabschlüsse rechtzeitig erstellt werden. Dafür muss er auch in die Verantwortung genommen werden. Auch die Kommunalaufsicht hat im öffentlichen Interesse sicherzustellen, dass die Verwaltung der Gemeinden im Einklang mit den Gesetzen erfolgt.

Eine geeignete Motivation zur fristgerechten Aufstellung der Jahresabschlüsse könnte zum Beispiel so aussehen: keine staatlichen Fördermittel bei mehr als drei nicht aufgestellten Jahresabschlüssen; vorläufige Haushaltsführung, wenn der letzte Jahresabschluss seit mehr als zwei Jahren überfällig ist; Ersatzvornahme seitens der Kommunalaufsicht mittels Erstellung der Jahresabschlüsse durch Externe. Diese Maßnahmen würde die Aufstellung von Jahresabschlüssen beschleunigen. Der Gesetzentwurf tut es jedenfalls nicht, und deshalb werden wir dem Antrag nicht zustimmen. – Vielen Dank.

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