Philip Zeschmann zum Antrag „1.000 Dächer Programm Photovoltaik“ von BVB/Freie Wähler vom 25.09.20

25. Sep 2020

Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking

Rede von Philip Zeschmenn in Textform:

Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):

Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Klimaschutz umsetzen oder bewältigen, Energiewende voranbringen – das ist eigentlich das Motto, unter dem auch diese Landesregierung angetreten ist. In ihrem Koalitionsvertrag heißt es dazu – ich zitiere -:

„[…] Ziel ist es, unter Beachtung des Zieldreiecks ‚Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit‘ sowie der Akzeptanz die in der Region Berlin-Brandenburg rechnerisch benötigte Energie bis 2050 aus erneuerbaren beziehungsweise nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen.“

In der Energiestrategie des Landes ist auf Seite 19 Folgendes zu lesen – ich zitiere -:

„[…] bis zum Jahr 2020 Senkung der energiebedingten CO2-Emissionen um 40 % […] gegenüber 1990 und bis 2030 Reduktion um weitere 35 % […] gegenüber 1990“.

Auf Seite 38 heißt es:

„Im Saldo ergibt sich ein Anteil von 40 % Erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch im Land Brandenburg.“

Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir alle erneuerbaren Energiequellen in gleicher Intensität und entsprechend ihrer Verfügbarkeit nutzen. Das erfolgt bisher – bei einem oftmals einseitigen Fokus auf die Windenergie – leider nicht. Laut Energiestrategie sollen im Jahr 2030 Leistungen von 10 500 Megawatt Windkraft und 3 500 Megawatt Photovoltaik installiert sein. Das wird nicht funktionieren. Dieses Missverhältnis muss verändert werden – schon allein wegen der wetterbedingten unterschiedlichen Zeiträume der Energiegewinnung: Die Sonne scheint meistens, wenn es windstill ist, und Wind weht meistens, wenn es nicht so sonnig ist.

Da bisher im Wesentlichen allein auf die Windenergie abgestellt wird, stoßen wir schon seit Längerem an die Grenzen des Zumutbaren für Mensch und Natur. Das gilt auch für die Zukunft, wenn für weitere Windräder Wald abgeholzt und sie nur noch an oder in Naturschutzgebieten gebaut werden können. Waldabholzung setzt übrigens auch CO2 frei.

Alle Fachleute sagen: Allein mit der Windenergie sind die geplanten und beschlossenen Ziele zur Versorgung durch erneuerbare Energien nicht zu erreichen. Daraus ergibt sich logisch die Frage: Wo liegen im Bereich der erneuerbaren Energien noch ungenutzte Potenziale, und wie kann ich diese möglichst schnell nutzbar machen, ohne andere Lebensbereiche zu beeinträchtigen?

Viele Gutachten, auch kreisliche Energiestrategien landauf und landab – auf der Ebene der Regionalen Planungsgemeinschaften gibt es diese auch – weisen schon seit Jahren riesige brachliegende Potenziale im Bereich der Photovoltaik und der Solarthermie aus. Solarthermie macht jedoch nur dort Sinn, wo ein entsprechend kontinuierlicher Bedarf an warmem Wasser oder Heizungsunterstützung besteht; für die Winterzeit muss zusätzlich eine andere Energiequelle für diesen Bedarf vorgehalten und finanziert werden. Photovoltaik dagegen funktioniert auf so gut wie allen Flächen, die nicht oder im Tagesverlauf nur wenig verschattet werden. Auch sind die Kosten für die Photovoltaikanlagen, wie Sie alle wissen, seit vielen Jahren dramatisch gesunken und der damit erzeugte Strom schon länger preislich sehr konkurrenzfähig.

Bisher wurden jedoch meist größere bis große PV-Anlagen auf Freiflächen aufgestellt, womit sie oftmals in Konkurrenz mit anderen Flächennutzungen treten, insbesondere mit der landwirtschaftlichen Nutzung. Da wir aber auch unsere Landwirtschaft und landwirtschaftlichen Flächen schützen und erhalten wollen – ich erinnere nur an die Diskussion zur Systemrelevanz in der Corona-Krise – und natürlich auch den Artenschutz, liebe Kollegen von den Grünen, beachten wollen und müssen, müssen andere Lösungen her, um ohne Verbrauch von Ackerflächen oder sonstigen Naturflächen auch die Photovoltaikanlagen ausbauen zu können.

Hierfür gibt es nun zwei Möglichkeiten: die Nutzung der noch vorhandenen Konversionsflächen oder die Nutzung der vielfältig vorhandenen kommunalen Dachflächen. Konversionsflächen und zu renaturierende ehemalige Tagebaue stehen nicht in so großem Umfang zur Verfügung, um einen wirklich spürbaren Beitrag zur Energiewende leisten zu können. Oftmals wurden sie gerade in den letzten Jahren für andere Nutzungen, wie beispielsweise den Bau von kostengünstigem Wohnraum, gebraucht. Wo sie auch langfristig nicht für solche Nutzungen benötigt werden, können natürlich auch auf diesen Flächen die jeweiligen Eigentümer PV-Anlagen aufstellen, sie vermieten oder nutzen lassen.

Aber kommunale Dachflächen gibt es sehr viele im ganzen Land verteilt, und zwar auch viele große, wie beispielsweise die Dächer von Stadthallen, Turnhallen, Schulen, Rathäusern und natürlich auch von kommunalen Wohngebäuden, die den Wohnungsbaugesellschaften gehören. Nur werden diese bisher nur vereinzelt für Photovoltaikanlagen genutzt. Woran liegt das?

Die vorhandenen wichtigen Potenziale der Energiewende werden nicht genutzt, weil meistens kein Geld vorhanden ist. Aufgrund knapper bis klammer Kassen haben unsere Kommunen landauf und landab nicht die Möglichkeit, diese zentrale Ursache zu bekämpfen und PV-Anlagen in wirklich großer Menge zu installieren. Problemlösung: Unsere Kommunen bedürfen, um ihren Beitrag zur Energiewende und damit auch einen angemessenen Umgang mit dem Klimawandel leisten zu können, einer finanziellen Unterstützung für die Investition in Photovoltaikanlagen.

Genau das ist das Ziel unseres Antrags: ein Förderprogramm zu schaffen, das unseren Kommunen flächendeckend hilft, in Photovoltaikanlagen zu investieren. Da wir das als zinsloses Kreditprogramm und nicht als Zuschussprogramm aufsetzen lassen wollen, kostet es den Landeshaushalt mittel- bis langfristig nichts; denn die Einspeisevergütung für den mit den PV-Anlagen erzeugten Strom oder das damit verdiente Geld kann vollständig für die Rückzahlung der Kredite genutzt werden. Diese laufen normalerweise 20 Jahre. Also ist es am Ende ein Nullsummenspiel für den Haushalt, jedoch kein Nullsummenspiel für die Energiewende und die Bewältigung des Klimawandels. Hiermit schöpfen wir endlich alle Potenziale aus.

Wir haben im Antrag absichtlich noch keine Details über Förderquoten festgeschrieben, weil das Programm von der Landesregierung aufzulegen ist und ein solcher Vorschlag noch einmal im Detail zu diskutieren und zu optimieren wäre. Wichtig ist uns allerdings eines: Kommunen, die sich im Haushaltssicherungskonzept befinden, dürfen nicht ausgeschlossen werden. Sie wissen, Kommunen im Haushaltssicherungskonzept dürfen nur das umsetzen, wozu sie rechtlich verpflichtet sind oder was schon begonnen wurde. Das heißt, sie können keinen Eigenanteil für welches Förderprogramm auch immer aufbringen.

Deswegen würden wir – entsprechend dem vormaligen kommunalen Investitionsprogramm – für Kommunen, die nicht im Haushaltssicherungskonzept sind, einen Förderanteil von 75 % und einen Eigenanteil von 25 % vorschlagen und anregen und für Kommunen im Haushaltsicherungskonzept, damit diese nicht noch weiter ins Hintertreffen geraten, eine 100%ige Förderung, allerdings nicht als Zuschuss, sondern als rückzahlbarer Kredit.

Um die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, soll ergänzend eine Anlaufstelle für die Gemeinden geschaffen werden, die ihnen bei der Vorabbewertung, Planung, Umsetzung sowie Fördermittelbeantragung von potenziellen Photovoltaikanlagen auf Dächern kommunaler Gebäude beratend zur Seite steht.

Das Ergebnis: Maximaler Beitrag zur Energiewende und zur Bewältigung des Klimawandels wird aktiviert, vorhandene – vorhandene! – Dachflächen werden ausgenutzt, andere Freiflächen, insbesondere landwirtschaftliche Flächen, werden verschont, der Landeshaushalt wird langfristig gesehen nicht belastet – eine dreifache Win-win-Situation also. – Da kann man doch nur zustimmen, oder etwa nicht? – Danke schön.

 

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