Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking
Rede von Péter Vida in Textform:
Herr Abg. Vida (BVB/FW):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! BVB / FREIE WÄHLER fordert die Beschleunigung der Einrichtung des 10-Minuten-Taktes bei der S2 nach Bernau. Eine der ältesten und traditionsreichsten Linien des Berliner S-Bahnnetzes muss endlich wieder fahren, wie das vor vielen Jahrzenten gang und gäbe war. 10-Minuten-Takt für Bernau, Bernau-Friedenstal, Zepernick und Röntgental!
Im Projekt i2030 ist das Ziel ausgegeben, langfristig für alle Strecken der S-Bahn den 10-Minuten-Takt einzuführen. Unser Antrag ist also nichts Außergewöhnliches, sondern fordert lediglich etwas, das ohnehin geplant ist, allerdings bisher ohne jeglichen konkreten Zeitplan und auch ohne erkennbare Aktivität bei der Umsetzung. Daher sollte jetzt begonnen werden, wenigstens eines der Vorhaben anzugehen, statt die Bürger immer weiter zu vertrösten.
Dabei sieht der Vorschlag zunächst auch nur ein testweises und schrittweises Hochfahren der Kapazitäten vor. Ich möchte Ihnen auch erläutern, warum sich die Strecke Buch-Bernau besonders anbietet: Bernau-Panketal haben zusammen bereits über 60 000 Einwohner, weitere Wohngebiete sind bereits beschlossen, ein Wachstum auf über 70 000 Einwohner binnen fünf Jahren ist gesetzt. Wir haben heute in der Fragestunde auch vom Staatssekretär gehört, dass er die Bevölkerungsprognose teilt. Das ist gut. Ein weiterer Anstieg durch weitere geplante Wohngebiete ist zu erwarten, und – für Sie zur Information – ein Viertel der Einwohner ist Berufspendler. Im Einzugsbereich, einschließlich des Parkand-ride-Bereichs, wohnen über 100 000 Menschen – und all das auf 8 km Streckenlänge.
Frau Walter-Mundt, da wird es etwas faktenorientierter: Mehr Einwohner pro Kilometer Streckenlänge gibt es an keinem der eingleisigen Außenäste der S-Bahnstrecken im gesamten Netz. Genau deswegen ist das ein Unterschied und der 10-MinutenTakt hier besonders günstig zu haben. Ein zweites Gleis ist nicht notwendig, so die Landesregierung, die Deutsche Bahn und die S-Bahn GmbH auf mehrere Anfragen. Für die Stromversorgung ist das Unterwerk Karow vorhanden; gewisse Verbesserungen sind sicherlich noch vorzunehmen. Das ist auch der Grund, warum es jetzt eine Lösung braucht und der Verweis auf den allgemeinen Antrag der Koalition eben nicht zieht.
Wir sind für beide Anträge, wir werden auch Ihrem Antrag zustimmen. Er ist hilfreich, aber er genügt nicht, er wird der spezifischen Situation der S2 und auch anderen Ästen nicht gerecht; denn die Situation hier ist anders, der Aufwand ist geringer, der Bedarf an zusätzlichen Zügen überschaubar.
Wenn Sie jetzt ausführen, dass es nicht seriös sei, etwas zu fordern, was man angeblich nicht halten kann, möchte ich an den 9. November 2018 erinnern, als von Nicole Walter-Mundt und anderen Vertretern der CDU Oranienburg hier im Landtag eine Petition überreicht wurde, an Herrn Genilke, der das seinerzeit einen Tag vorher im Infrastrukturausschuss thematisierte und den 10-Minuten-Takt für die S1 forderte.
Wie äußerten sich damals Herr Genilke bzw. Frau Walter-Mundt auf der Website der CDU Oranienburg? Sie wollen den 10-Minuten-Takt für die S1:
„Dazu fehlen derzeit noch die Züge und die Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur. Jedoch packt die aktuelle Landesregierung das Thema auch nicht konsequent genug an. Erst zu Beginn des kommenden Jahres wird sich der Lenkungskreis […] wieder treffen. Spätestens da sollte sich dann zeigen, wie ernst es die Landesregierung mit unserer Forderung nach einer Taktverdichtung auf der S1 wirklich meint.“
Das war Ende 2018 bezüglich der S1. Wer das also Ende 2018 für die S1 fordert, ist seriös, setzt sich ein, ist aktiv. Seitdem sind zwei Jahre vergangen, der von Ihnen genannte Zeitpunkt ist also vorbei, und heute erklären Sie hier: Na ja, das geht nicht so ganz, da muss man schon seriös bleiben.
Nun könnte man fragen: Okay, gab es einen Erkenntnisgewinn? – Offenbar war der nicht ganz so groß. Ich schaue in die „Märkische Allgemeine Zeitung“ vom 4. März 2020, es wird eine SBahn abgebildet, ein wirklich sehr gelungenes Foto, das muss man sagen. Es heißt: Der 10-Minuten-Takt wird gefordert. „Mir ist […] bewusst, dass [er] nicht […] sofort kommt“, aber „stete[r] Tropfen höhlt den Stein […]. Und so viel kann ich bereits jetzt verraten. Die S-Bahn nach Velten kommt!“ „[…] wir müssen […] mit den Planungen deutlich zügiger vorankommen als bisher.“ Also das, was Sie für die S1 unter großem Medienapplaus fordern, was von Herrn Genilke damals als Abgeordneter in den Infrastrukturausschuss hineingetragen worden ist – ich kann gerne aus dem Protokoll der Infrastrukturausschusssitzung zitieren, in der Sie, Herr Genilke, erklärt haben, das sei alles machbar, man müsse es nur beschleunigen -, das alles ist seriös, das ist die S1, da ist es super. Wenn man dann das Gleiche für die S2 – mit übrigens weniger Aufwand – fordert, macht man den Menschen falsche Versprechungen. Ich glaube, auch hier hat die CDU wieder eine Pirouette gedreht, aber nicht um 360 Grad, sondern um 270 Grad, sodass man also wieder in die entgegengesetzte Richtung läuft.
Meine Damen und Herren, rechnerisch müsste ein Zug mit acht Wagen genügen, um den Zusatzbedarf zu decken, Kostenpunkt: 15 bis 20 Millionen Euro. Das Geld wäre da, zum Beispiel durch Einsparung des Einbahnstraßenringverkehrs. Heute früh hat der Staatssekretär dazu auch ausgeführt. Aber wir müssen uns jetzt gar nicht so sehr auf den Staatssekretär fokussieren. Minister Beermann verkündete im Januar, dass der Bund die Regionalisierungsmittel erhöht hatte. Stimmt! Eine halbe Milliarde Euro soll bis 2031 zusätzlich nach Berlin und Brandenburg fließen. Das bedeute künftig mehr Fahrten und mehr Sitzplätze, sagte der Minister auch unter dem Applaus der CDU-Fraktion. Deswegen mein Appell: Lassen Sie diesen Worten auch Taten folgen! Stimmen Sie nicht unseretwillen zu, tun Sie es für die Bürger im südlichen Barnim! Die CDU vor Ort in Bernau und Panketal fordert dies mit einer Petition, die SPD hat es den Bürgern 30 Jahre lang alle fünf Jahre versprochen, und die Landtagsfraktion der Grünen kritisierte erst vor zwei Jahren den zu schleppenden Einsatz der Regionalisierungsmittel.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass es sich um einen am schnellsten wachsenden Bereich am Berliner Rand handelt. Der Leidensdruck ist groß, die überparteilichen Forderungen sind gleichgerichtet. Deswegen ist es an der Zeit, hier einen Schritt zu tun und das wichtigste Infrastrukturprojekt der 10-Minuten-Takt, um das seit drei Jahrzehnten gerungen wird, voranzutreiben. Die technischen und finanziellen Möglichkeiten sind gegeben. Dieser Antrag soll der jahrelangen, jahrzehntelangen Vertröstung einen konkreten, zurückhaltenden Lösungsansatz entgegensetzen. Die Stadt Bernau und die Gemeinde Panketal werden es Ihnen danken. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.