Antrag auf Abschaffung der Erschließungsbeiträge abgelehnt – CDU vollendet 180°-Wende und fällt Anliegern von DDR-Sandpisten in den Rücken
Die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion hatte im Landtag einen Antrag zur Abschaffung der nachträglichen Straßenerschließungsbeiträge für Anlieger von „DDR-Sandpisten“ gestellt. Landesregierung und Regierungskoalition hatten jedoch bereits vor Wochen begonnen, mit einer Desinformationskampagne für die Fortführung dieser meist illegalen Beiträge zu kämpfen. Mit einer aufgeblähten Länge von angeblich 4.000 km behaupteten sie, die Abschaffung verursache Kosten von irrwitzigen 4.000 Millionen Euro.*
Péter Vida zeigte in seiner Rede, dass diese Zahl Unsinn ist. Tatsächlich hatte die Vorgängerregierung 2018 REALE Kosten von gerade einmal 14-15 Mio. Euro im Jahr ermittelt. Sie hatte damals konkret die Erschließungsbeiträge abgefragt. Und das ist der Betrag, der jetzt vom Land übernommen werden soll. Zudem sind die Beiträge aufgrund des Einigungsvertrags ohnehin rechtswidrig. Was in der DDR als erschlossen galt, gilt auch in der Bundesrepublik als erschlossen. Und die meisten Strecken waren in der DDR offizielle Erschließungsstraßen.
Doch die Abgeordneten der Regierungskoalition aus SPD, CDU und Grünen hatte sich längst festgelegt. Seit Monaten hatten sie nur hingehalten, seit Juni sogar diese unehrliche Gegenkampagne gestartet. Mit ihrer Mehrheit stimmten sie für die Fortführung der oft illegalen und ruinösen Beiträge. Nicht einmal eine Überweisung unseres Antrags in den Ausschuss wurde akzeptiert.
Besonders peinlich ist dabei das Verhalten der CDU. Vor einem Jahr spielte sie im Wahlkampf den Vorkämpfer für die Abschaffung ALLER Straßenerschließungsbeiträge – siehe MOZ vom 13.06.2019: „Die CDU-Opposition forderte, auch die Erschließungsbeiträge abzuschaffen – die Mehrheit des Landtags stimmte aber dagegen. ‚Das hätten wir in diesem Kontext lösen müssen‘, sagte der CDU-Abgeordnete Rainer Genilke. Die CDU-Fraktion wollte mit einem Antrag erreichen, dass es ein Verbot für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen gibt vor allem für vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 genutzte Sandstraßen.“ Die selbe CDU – nun in der Regierung – kämpft hingegen im Landtag und aus den von ihr geführten Ministerien heraus mit Desinformation für die Beibehaltung und dabei selbst für die Fortführung der ohnehin meist illegalen Erschließungsbeiträge für DDR-Sandpisten.
Im Landtag hat die BVB / FREIE WÄHLER Fraktion nun alle Mittel ausgereizt. Mit der „Hundertachtzig-Grad-Wende“ der CDU besteht keine Chance mehr auf eine Mehrheit. So muss wohl die direkte Demokratie das Problem lösen. Es wird schon bald eine Volksinitiative kommen, um die Beiträge abzuschaffen.
* Hintergrundinformation zur „4 Milliarden-Euro-Kostenschätzung“ des CDU-geführten Ministeriums:
Wie kamen die „4.000 km“ zu Stande?
Die Ausschusssitzung ergab, dass die Zahl absichtlich falsch ermittelt wurde. Man hatte bei den Kommunen nicht die Länge von bewohnten „Sandpisten“ abgefragt. Man hatte ALLE unbefestigten Straßen abgefragt – also auch Feldwege zwischen Äckern und Feldern, die nie jemand vorhatte, auszubauen. Die 4.000 km sind also eine künstlich aufgeblähte Zahl.
Was würden 4.000 km Sandpiste bedeuten?
Annahme: Der Abstand zwischen zwei Einfamilienhäusern beträgt im Schnitt etwa 20 Meter. Häuser können auf beiden Seiten der Straße stehen. Somit steht im Schnitt etwa alle 10 Meter ein Haus, pro Kilometer Straße also 100 Häuser. Bei 4.000 km wären das demnach 400.000 Häuser. Bei 3 Bewohnern pro Haus macht dies gemäß der Zahlen der Landesregierung 1,2 Millionen Brandenburger, die an Sandpisten wohnen würden. Da überhaupt nur die Hälfte der Brandenburger im Eigenheim wohnt, müsste nahezu jedes Eigenheim in Brandenburg an einer „DDR-Sandpiste“ liegen. Das ist schon allein aufgrund der Tatsache, dass sehr viele Eigenheime erst nach der Wende in eigens angelegten Wohngebieten mit vorhandenen Straßen entstanden, vollkommen unrealistisch. Hieran sieht man: Die Länge wurde von der Landesregierung absichtlich teuer gerechnet, um eine Begründung zur Ablehnung zu erfinden.
Wie kommt es zu 4.000 Millionen Euro?
Dass die Kommunen bereits jetzt einen Teil der Kosten übernehmen, wurde ignoriert. Die Landesregierung schätzt die Kosten je km auf 1 Mio. Euro. Hierbei nimmt sie einen teuren Ausbau mit beidseitigen Radwegen, Gehwegen und Straßenlaternen an, der in vielen Strecken mangels Platz bzw. wegen Bäumen kaum möglich oder erwünscht ist. Besonders absurd wird die Kostenschätzung, wenn man sieht, dass der Großteil der „4.000 km“ in Wahrheit unbewohnte, einspurige Feldwege außerhalb der Orte sind, die nie jemand ausbauen wollte, für die von der Landesregierung aber nun Erschließungskosten einer zweispurigen Asphaltstraße mit Straßenlaternen und beidseitigen Geh-und Radwegen angenommen werden.
Zur Rede des Landtagsabgeordneten Péter Vida (BVB / FREIE WÄHLER)
Kurzintervention Péter Vida auf Redebeitrag von Jörg Vogelsänger
Kurzintervention Péter Vida auf Redebeitrag von André Schaller
Presseecho:
„ “ – MAZ, 28.08.2020