Wasserstoffstrategie: Subventionssumpf und CO2-Verpressung durch die Hintertür?

18. Juni 2020

Die Koalition stellte im Landtag den Antrag auf die Erarbeitung einer Wasserstoffstrategie. Gefördert werden soll dabei auch „Blauer Wasserstoff“, bei dem üblicherweise das bei der Produktion entstehende CO2 per CCS-Technologie in den Untergrund verpresst wird. Wir beantragten daher, die CO2 Verpressung bei der Erstellung der Strategie explizit auszuschließen. Dies wurde von SPD, CDU und Grünen abgelehnt. Zudem steht zu befürchten, dass das Hauptziel nicht ein selbsttragender Wirtschaftsbereich ist, sondern ein subventionierter Abnehmer als Rechtfertigung für die subventionierten Windkraft-Überkapazitäten.

Hintergrund
Der ursprüngliche Antrag

Der Antrag der Koalition, die Wasserstoffwirtschaft fördern, beinhaltete anfangs explizit die Forderung, die Produktion von „Blauem Wasserstoff“ in Brandenburg zu fördern. Blauer Wasserstoff üblicherweise so definiert, dass bei seiner Herstellung CO2 entsteht, das aber durch CCS-Technologie abgefangen und unterirdisch gespeichert wird. Siehe Definitionen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Bundesministerium für Wirtschaft oder von Greenpeace. Die Produktion großer Mengen an Blauem Wasserstoff benötigt also die gleiche „CO2-Verpressung“, die vor Jahren für die Braunkohle vorgesehen war. Und am Widerstand der Brandenburger scheiterte.

Wir sind seit Jahren gegen die CO2-Verpressung – dies war auch explizit Teil unseres Wahlprogramms. Entsprechend schrieben wir einen Änderungsantrag. Unsere einzige Forderung: Bei der Erarbeitung der Strategie soll die unterirdische CO2-Verpressung in Brandenburg explizit ausgeschlossen werden. Irgendwie fühlte man sich da bei der Koalition wohl ertappt. Die Grünen sagten uns, sie würden einen Neudruck veranlassen, der alles klarstelle. Unser Änderungsantrag sei überflüssig, wir sollten ihn schon mal zurückziehen.

Neuer Antrag – gleiches Problem

Doch wir wollten sichergehen, dass der Neudruck die Möglichkeit zur CO2-Verpressung tatsächlich explizit ausschließt. Und so warteten wir. Nicht mal mehr 24 Stunden vor der Abstimmung kam nachts kurz vor 21:00 Uhr der Neudruck. Blauer Wasserstoff tauchte im Antragstext nun tatsächlich nicht mehr auf. Statt dessen wurde aber auf ein „Eckpunktepapier der ostdeutschen Kohleländer zur Entwicklung einer regionalen Wasserstoffwirtschaft“ verwiesen. Auf diesem sollte die Strategie nun aufbauen. Doch im Eckpunktepapier steht auf Seite 10 erneut, dass man „Blauen Wasserstoff“ als „Übergangstechnologie“ einplant. Und auf Seite 20 folgen die Sätze:

„Blauer Wasserstoff ist grauer Wasserstoff, dessen CO2 bei der Entstehung jedoch abgeschieden und gespeichert wird (engl. Carbon Capture and Storage, CCS) oder zur Erzeugung von Kraft-, Treib- oder Grundstoffen verwendet wird (engl. Carbon Capture and Utilization, CCU). Das bei der Wasserstoffproduktion erzeugte CO2 soll mit der CCS-Option durch langfristige unterirdische Speicherung treibhausgasneutral gebunden werden.“

Abgesehen von der unüblichen Hinzufügung der CCU-Technologie die gleiche Definition wie bei den Bundesministerien. Die drohende Möglichkeit der CO2-Verpressung war alles andere als beseitigt. Zumal es eine Kleinigkeit gewesen wäre, diese im Rahmen des Neudrucks mit einem einzigen Satz auszuschließen. Nicht sehr vertrauenerweckend. Wir passten den Änderungsantrag an und hielten die Forderung nach einem explizitem Ausschluss der CO2-Verpressung aufrecht.

Die Landtagsdebatte

Was in der Landtagsdebatte seitens der Koalition folgte war eine Farce an mutwilliger plumper Täuschung oder kompletter Inkompetenz. Die Grünen – die sich stets gegen CCS und CO2-Verpressung gerichtet hatten – behaupteten einfach, Blauer Wasserstoff benötige nichts dergleichen, es gebe keine Gefahr. Im Koalitionsvertrag stehe doch , dass man das nicht wolle. Dass sich der Koalitionsvertrag ohne unser Zutun jederzeit ändern kann und wir auch seine Einhaltung nicht einklagen können erwähnte Clemens Rostock (Grüne) hingegen nicht.

Auch Minister Steinbach (SPD) verstieg sich mit Verve in die Behauptung, unsere Befürchtungen wären Unsinn. Man brauche für Blauen Wasserstoff kein CCS. Vermutlich beruft er sich auf CCU – also die bereist erwähnte Verwendung des abgeschiedenen CO2 in der Chemieindustrie. Tatsächlich ist CCU bestenfalls eine Nischenanwendung. In den gängigen Definitionen der Bundesministerien (siehe oben) wird sie nicht mal als Option für Blauen Wasserstoff erwähnt. Wohl aber im Eckpunktepapier, das Herr Steinbach jedoch selbst mit verfasst hat.

Dr. Philip Zeschmann (BVB / FREIE WÄHLER) fragte den Minister, ob dessen Eckpunktepapier garantiere, dass kein CCS und CO2-Verpressung erfolge. Steinbach antwortet er mit Ja, das sei doch völlig klar. Äußerst verwunderlich, denn in diesem Eckpunktepapier wird CCS und die „langfristige unterirdische Speicherung“ von CO2 bei der Erklärung von Blauem Wasserstoff noch vor CCU als erste Option genannt. Und CCS an keiner Stelle ausgeschlossen.

Eine wichtige Frage blieb zudem offen und wurde von unserem Abgeordneter Matthias Stefke gestellt. Wenn sowieso keine CO2-Verpressung geplant ist: Warum verweigert man dann den von uns beantragten Ausschluss von CO2-Verpressung? Die wirre Antwort von Minister Steinbach: Ein solcher Satz wäre doch nur ein unbegründete „Misstrauensunterschwelligkeit“ (4:55) Eine bei einem Milliardenprojekt wird also eine einfache sachliche und rechtssichere Klarstellung mit Verweis auf die angeblich verletzten Gefühle von Koalition und Regierung verweigert.

Auf dem Weg ins Debakel?

Nun wird also mit der Stimmenmehrheit von SPD, CDU und Grünen die Produktion von Blauem Wasserstoff in Brandenburg gefördert werden. Und das Ganze ohne dabei expliziten Ausschluss der von der SPD seit jeher massiv geförderten, bei den Bürgen aber extrem ungeliebte CO2-Verpressung. Zudem wurde in der Landtagsdebatte explizit das Ziel geäußert, eine Abnehmer für die subventionierten Windkraft-Energie-Überschüsse zu schaffen. Also trotz hoher bei hohen Stromkosten Subventionen für den Masseneinsatz der Elektrolyse um Subventionen für einen weiteren Ausbau der Windkraftüberkapzität zu rechtfertigen.

Es steht zu befürchten, dass aus dem eigentlich begrüßenswerten Ziel des Aufbaus eines neuen Wirtschaftsbereichs nur ein noch größerer Subventionssumpf wird. Wir werden beobachten, was für eine Strategie herauskommt. Wenn am Ende doch eine zweiter Anlauf zur CO2-Verpressung kommt, würde uns das jedenfalls nicht überraschen. Wir werden die Öffentlichkeit über die weitere Entwicklung informiert halten.

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