Die Landtagsfraktion BVB / FREIE WÄHLER spricht sich gegen die Berufung des ehemaligen Brandenburger Verfassungsgerichtspräsidenten Jes Möller an das Bundesverfassungsgericht aus. Richter Möller steht aufgrund seiner Tätigkeiten gerade nicht für die nötige Überparteilichkeit und Grundrechtsfokussierung.
In schlechter Erinnerung bleibt das verfassungswidrige Durchwinken der Altanschließerbeiträge durch das Brandenburger Landesverfassungsgericht unter Vorsitz von Möller. Obwohl viele Rechtsexperten und Bürgerinitiativen jahrelang vor der Verfassungswidrigkeit der Beitragserhebung für bis zu 100 Jahre (!) zurückliegende Abwasseranschlüsse warnten, billigte das höchste Brandenburger Gericht die von der Landesregierung orchestrierte Praxis. Die verfassungsrechtliche Ohrfeige vom Bundesverfassungsgericht folgte auf dem Fuße. Die Karlsruher Richter bescheinigten dem Land Brandenburg ein offensichtlich grundgesetzwidriges Handeln. So wurde gegen die grundlegenden Verfassungsprinzipien des Vertrauensschutzes und Rechtsstaates verstoßen. Der Beschluss am Bundesverfassungsgericht erging als Kammerentscheidung und nicht durch einen Senat. Dies geschieht nur, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist und das Gericht auf seine jahrelange Rechtsprechung verweisen kann, das Handeln der Behörden also augenscheinlich verfassungswidrig ist. So etwas kommt in weniger als 1 von 100 Fällen vor.
Bis die Betroffenen auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warteten, wurden tausende weitere Haushalte mit Beitragsbescheiden belastet, viele Bürger legten mit Blick auf die abschlägige Entscheidung des Landesverfassungsgerichts keinen Widerspruch ein, vertrauten dieser und bekamen bis heute ihr Geld nicht zurück, weil sie nicht bis nach Karlsruhe gezogen waren. Für diesen rechtlichen und sozialpolitischen Tiefpunkt trägt auch Möller die Verantwortung. Grundlegende Regeln der Rechtsstaatlichkeit und Verfassungstreue wurden verletzt – und dies nicht von irgendwem, zudem mit einem Schadensausmaß in Höhe von rund 800 Millionen Euro. Betroffen waren zirka 250.000 Haushalte in ganz Brandenburg.
Doch damit nicht genug: Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts übte sich Möller nicht etwa in Einsicht, sondern verstieg sich sogar zu der Entgleisung, dass er jederzeit wieder so entscheiden würde. So erklärte Möller seinerzeit: „Es gibt das Bundesverfassungsgericht. Das schützt das Grundgesetz. Und das Landesverfassungsgericht schützt die Landesverfassung. Das muss nicht in jedem Fall deckungsgleich sein.“ (Potsdamer Neueste Nachrichten vom 28.01.2016) – eine Aussage, die ihn für jede Tätigkeit am Bundesverfassungsgericht disqualifiziert. Denn dass das Grundgesetz als oberste deutsche Rechtsnorm zwingend von allen Gerichten zu beachten ist, ist ein fundamentaler Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Es handelt sich nicht um einen professoralen Meinungsstreit, sondern um ein Infragestellen von unveräußerlichen Bürgerrechten. Denn eine Landesbestimmung kann schon von Verfassungs wegen niemals hinter dem Schutzmaß des Grundgesetzes zurückbleiben – das ist in der Rechtswissenschaft unstreitig.
Diese öffentlichen Äußerungen haben tausende Betroffene des Altanschließer-Beitragsunrechts in Brandenburg schockiert, sind bis heute nicht vergessen, und sie verstoßen gegen § 31 Absatz 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes: „Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.“ – ein elementarer Grundsatz in einem Rechtsstaat.
Durch das seinerzeitige Handeln des Landesverfassungsgerichts wurden viele Ostdeutsche in ihrem Grundvertrauen an rechtmäßiges Verwaltungshandeln erschüttert. Eine von vielen behauptete Vertretung des Ostens durch die Berufung Möllers hat sich in diesem richterlichen Handeln gerade nicht gezeigt – ganz im Gegenteil. Zigtausende Haushalte (meist Ältere und Familien) warten bis heute auf die Rückzahlung. Damit wurde nicht nur der soziale Frieden beschädigt, für viele erwies sich auch das von Möller zu verantwortende Handeln als eine Missachtung ihrer Lebensleistung. Das für einen Richter unangemessene Nachtreten und rechtlich unhaltbare Anargumentieren gegen das Bundesverfassungsgericht ist in der jüngeren Rechtsgeschichte beispiellos.
Hinzu kommt, dass Möller just in die Kammer des Ersten Senats berufen werden soll, die über die Altanschließer-Problematik zu entscheiden hatte und der auch derzeit noch weitere Fälle vorliegen. Richter Möller soll also genau in die Kammer kommen, deren Entscheidung er so abfällig kommentierte und die über kommende Fragen des Altanschließer-Unrechts befinden soll. Ein rechtsstaatlich kaum tragbarer Zustand.
Daher wäre die Berufung von Jes Möller an das Bundesverfassungsgericht weder für die Bürgerrechte noch für das Land Brandenburg ein Gewinn. Der Schutz von Grundrechten hat für BVB / FREIE WÄHLER höchste Priorität. Diese gilt es, entschlossen zu verteidigen.