Péter Vida zur Regierungserklärung von Ministerpräsident Dietmar Woidke vom 07.05.20

7. Mai 2020

Rede von Péter Vida in Textform:

Herr Abg. Vida (BVB/FW):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! In jeder Krise zeigt sich die Führungsstärke einer Regierung, der Politik insgesamt. Wir als BVB / FREIE WÄHLER Fraktion haben zu Beginn der Corona-Krise immer gesagt, dass wir Maßnahmen der Regierung unterstützen werden und zugleich eigene Vorschläge unterbreiten; dies galt für Verschärfungen wie auch für Maßnahmen der Lockerungen. Über allem stand bei den Erwägungen immer das Primat des besonnenen Handelns, orientiert an Wissenschaftlichkeit und dem kritischen Hinterfragen der einzelnen Entscheidungen.

Ich glaube für uns als Teil der Opposition sagen zu dürfen, dass wir uns auch immer daran gehalten haben, eine Abwägung der Grundrechte vorzunehmen – die Einschränkungen einerseits und natürlich die Pflicht zum Schutz der Gesundheit andererseits – und hierbei nie mit Leichtfertigkeit Maßnahmen durchzuwinken, zugleich das Problem aber auch nicht zu verharmlosen und insgesamt natürlich keine Untergangsszenarien an die Wand zu malen. Wir haben in den letzten zwei, drei Wochen auch diverse Anregungen und Vorschläge gebracht, welche Lockerungen aus unserer Sicht aufgrund der  Rückmeldungen insbesondere aus den Kommunen und von den Bürgern vor Ort sinnvoll erscheinen. Wir freuen uns, dass vieles davon jetzt auch bundesweit umgesetzt wird.

Natürlich steht die Gastronomie, deren Situation ich hier nicht zu erklären brauche, an erster Stelle – viele stehen vor der Insolvenz, dem Ruin. Deswegen ist das ein sehr wichtiger, dringlicher und eiliger Schritt.

Das Gleiche gilt für den Tourismus, der unser Land so prägt. Hierbei müssen wir auch klären, wie es sich mit dem grenzüberschreitenden Tourismus verhält, der für Brandenburg auch eine besondere Rolle spielt.

Auch die Öffnung der Sportanlagen ist ein guter Schritt. Ich will hierbei allen auch die Strandbäder ins Vorderhirn rufen, die gerade jetzt, in den kommenden Wochen eine zentrale Rolle spielen werden.

Wir als BVB / FREIE WÄHLER Fraktion begrüßen auch – im Gegensatz zu manchen Vorrednern – die Öffnung der Schulen und – da, wo es möglich ist – die Durchführung von Prüfungen.

Besonders freuen wir uns aber darüber – und das hat etwas mit Würde und Respekt zu tun -, dass die Besuchsmöglichkeiten in Altenheimen und Pflegeeinrichtungen jetzt erleichtert werden – auch das ist ein schönes Signal.

Ich glaube, auf diesem Weg muss es weitergehen. Aber unter welchen Bedingungen? Unter der Bedingung, dass Abstände gewahrt werden und das Tragen einer Maske eingefordert wird. Wir brauchen eine deutlich verbesserte Ausrüstung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Jetzt besteht die Möglichkeit, jetzt ist die Zeit, die Kontrollressourcen und die Kapazitäten dorthin zu verlagern, denn  Entwicklungen wie im Bergmann-Klinikum oder auch in der Brandenburg-Klinik in Bernau dürfen sich nicht wiederholen.

Wir brauchen für die dortige Verteilung kostenlose Einwegmasken in Geschäften und öffentlichen Einrichtungen und in allen Einrichtungen, in allen Geschäften mit Publikumsverkehr die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln. Und als langfristige Erkenntnis aus dem Ganzen benötigen wir eine Rückverlagerung relevanter Industrien im Bereich Schutzausrüstung und Schutzmaterial nach Deutschland.

Denn die Maskenarie, die wir auf Bundes-, aber auch auf Landesebene erlebt haben, ist beschämend.

Natürlich ist das auch ein Anlass, einen Blick auf die Arbeit der Landesregierung zu werfen. Die operativen, ordnungsbehördlichen und – ich nenne das mal so – steuerungstechnischen Maßnahmen waren gut, aber wir erinnern uns auch, dass viele Maßnahmen zunächst als unnötig eingestuft wurden und man damit einige Tage unnötig ins Land gehen ließ. Vieles von dem, was heute hier gelobt wird – nämlich, dass die Bürger Masken tragen, die Schließungen ertragen, sich an die Ausgangsbeschränkungen halten -, wurde zunächst von der Landesregierung zurückgewiesen, oft mit dem Unterton, dass man zu repressiv sei, wenn man so etwas fordere.

Meine Damen und Herren, dass die Maskenbesorgung schlecht lief und läuft, ist, glaube ich, unbestreitbar, und der  Glaubwürdigkeitsverlust gegenüber den Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen ist und bleibt ein Tiefpunkt dieser Krise. Wir wissen aus all den Diskussionen und Berichten über die Ministerpräsidentenkonferenzen auch, dass es nie Brandenburg war, nie unsere Landesregierung gewesen ist, die Akzente gesetzt hat. Das ist auch kein Problem. Es geht in der Tat nicht darum, wer der Erste, der Klügste in solchen Beratungen ist. Aber dann geziemt es sich auch nicht, jedes Bundesland, das Vorschläge macht, des Überbietungswettbewerbs, des Vorpreschens zu bezichtigen. Hier tut mehr Demut gut.

Meine Damen und Herren, diese Entwicklung zeigt uns insgesamt, dass es sich in einer solchen Zeit für niemanden geziemt, sich einseitig zu profilieren. Dazu gehört es auch, Vorschläge konstruktiv aufzunehmen, und dies ist der Landesregierung nicht immer gelungen. Auf der anderen Seite gilt aber auch, dass das grobe, platte Bestreiten, dass es überhaupt eine Notlage gebe, gewiss die  unqualifizierteste Befassung mit diesem Thema darstellt. Es gilt nun, Schritt für Schritt, sozusagen schonend, zu lockern, denn ich glaube, dass erneute Verschärfungen im Sommer aufgrund etwaiger  Unvorsichtigkeiten in der jetzigen Phase kaum auf Akzeptanz stoßen und deren Umsetzung dann kaum möglich ist.

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zum Abschluss eine persönliche Bemerkung: Etwas, das in all den Diskussionen und Dankesbekundungen zu kurz gekommen ist, ist der Respekt vor den Glaubensgemeinschaften dafür, wie klaglos sie die Schließung ihrer Gotteshäuser in den vergangenen Wochen hingenommen haben. Das hat auch erheblich zur Risikominimierung beigetragen, und alle Glaubensgemeinschaften haben hiermit ihren Beitrag zum Gesundheitsschutz geleistet. Es ist für mich auch ein erhebendes Gefühl, diesen Sonntag erstmals wieder in einer Kirche einer Heiligen Messe beiwohnen zu können. Das ist mein persönlicher Lichtblick, wenn ich das so sagen darf, und ich wünsche auch Ihnen allen auf Ihren Gebieten für die nahe Zukunft Ihren persönlichen Lichtblick. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Weitere Beiträge

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bilanz: Bildungspolitik / Schulwege

Bildung ist das höchste Gut. Sie ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft unserer Kinder. Eine gute Bildung ebnet den Weg für persönliches Wachstum, berufliche Chancen und damit für eine...

mehr lesen

Danke für Ihren Besuch

Diese Seite wird nicht mehr gepflegt, bleibt jedoch weiterhin bestehen und gewährt einen Überblick über die parlamentarische Arbeit von BVB / FREIE WÄHLER während der 7. Wahlperiode (2019–2024). Für Fragen und Themenanregungen wenden Sie sich bitte an den Landesverband BVB / FREIE WÄHLER.