Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking
Rede von Philip Zeschmann in Textform:
Herr Abg. Dr. Zeschmann (BVB/FW):
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kollegen Abgeordnete! Ich mache es einmal ungewöhnlich: Wie kam es zu diesem Antrag? Vor rund fünf Jahren entwickelte BVB / FREIE WÄHLER ein eigenes Energiekonzept für Brandenburg. Unsere damalige Zielsetzung in Sachen Braunkohle war es nicht, die Kraftwerke sofort abzuschalten, sondern blockweise herunterzufahren und dabei insgesamt noch so lange laufen zu lassen, bis die Braunkohlevorräte der bereits genehmigten Tagebaue verbraucht wären. Für die Kraftwerksblöcke in Jänschwalde kam damals nach unserer Rechnung ein Abschaltzeitraum zwischen 2025 und 2030 heraus, für Schwarze Pumpe zwischen 2040 und 2045.
Im Rahmen des Kohlekompromisses wurde nun vereinbart, dass die Kraftwerke zwischen 2028 und 2038 abgeschaltet werden, also ungefähr in dem Zeitraum, den wir ohnehin angenommen hatten. Dass man die Kraftwerke also so lange laufen lassen würde, bis die genehmigten Tagebaue ausgeschöpft sind, war für uns im Rahmen des Kohlekompromisses keine Überraschung, wohl aber die Ankündigung der Bundesregierung, dass die LEAG hierfür weiterhin Milliardenbeträge erhalten sollte – als „Entschädigung“ für entgangene Gewinne wegen vorzeitiger Abschaltung, jedoch entgangene Gewinne, die ohne Genehmigung neuer Tagebaue ohnehin nicht möglich wären – nach einer Abschaltung, die offensichtlich schon vorab eingeplant war, wie Dokumente der LEAG beweisen. Wir machten die Unsinnigkeit dieser geplanten Entschädigung zum Thema einer Pressekonferenz.
Zwischenzeitlich, am 24. Januar dieses Jahres, hat der „Spiegel“ einen Artikel zum gleichen Thema veröffentlicht. Völlig unabhängig von uns kamen die Journalisten zum gleichen Schluss: Der vorgeblich „vorzeitige Ausstieg“ wäre im Fall der LEAG gar nicht vorzeitig. Die Journalisten sind dabei über das „Planungszenario S1A“ gestolpert, in dem die LEAG selbst ohne Zwang vor Jahren einen Ausstieg aus der Kohle geplant hat – und das, während die Kohlekraftwerke durch hohe Preise für CO2-Emissionszertifikate bereits jetzt meist defizitär laufen. Im Ergebnis lässt sich also festhalten: Die Entschädigungszahlungen, die man im sogenannten Kohlekompromiss herausgehandelt hat, sind ein echtes Bombengeschäft für die LEAG, gehen aber leider auf Kosten aller Steuerzahler und damit von uns allen.
Entsprechend forderten wir in einer nächsten Pressekonferenz eine juristische Überprüfung ebendieser Entschädigung. Wir haben auch gleich dazugesagt, dass die eingesparten Entschädigungen angesichts dessen direkt als Strukturförderung in der Lausitz eingesetzt werden sollten.
(Beifall BVB/FW sowie vereinzelt B90/GRÜNE)
Auch hier waren wir auf der richtigen Spur, denn bereits am 31. Januar dieses Jahres hat die Bundesregierung genau diese juristische Prüfung der Entschädigung der LEAG angeordnet. Das zeigt, dass auch diese Forderung berechtigt war. Sollte sich herausstellen, dass die Entschädigungen in dieser Höhe nicht gerechtfertigt sind, werden sie gekürzt. Denn anderenfalls würde dieses Konzerngeschenk aus Steuermitteln nicht nur zu einem PR-Debakel für die Bundesregierung, sondern der Vorgang würde auch als unzulässige Subvention des Staates an die LEAG gelten. Damit würde er als Regelverstoß auf den Tischen der EUKommission landen, was zu Strafzahlungen der Bundesrepublik Deutschland führen würde.
Angesichts dieser Umstände gehen wir davon aus, dass die Entschädigung für die LEAG zumindest deutlich gekürzt, wenn nicht gar vollständig gestrichen wird.
(Beifall BVB/FW)
Damit wären wir beim eigentlichen Kernpunkt unseres Antrags: Was passiert denn mit den nicht für Entschädigungen benötigten Mitteln? Wir meinen: Wenn sie ohnehin für den Kohleausstieg eingeplant waren, dann sollten sie auch bitte dafür eingesetzt werden – nur nicht mehr als juristisch unnötige Konzernentschädigung für die LEAG und deren Eigner, sondern konkret als Strukturförderung für die betroffenen Menschen in der Lausitz.
(Beifall BVB/FW)
Liebe Kollegen Abgeordnete! Stellen Sie sich doch einmal vor, was Sie mit hunderten Millionen Euro – hier geht es ja um insgesamt über eine Milliarde Euro – alles erreichen können: Umschulungsmaßnahmen für die betroffenen Bürger und Arbeitnehmer, um für andere Wirtschaftsbereiche qualifiziert zu werden; Bildungseinrichtungen, die diese Umschulungsmaßnahmen anbieten; Erweiterung und Verbesserung der Universitäten und Fachhochschulen sowie Forschungseinrichtungen in der Region. Von der Medizin über Pharmazeutik bis hin zur Ingenieurausbildung gäbe es unzählige Möglichkeiten, den Fachkräftemangel in Brandenburg zu reduzieren und die Lausitz schneller zu entwickeln. Zugleich wäre es möglich, junge Menschen in der Lausitz zu halten oder sie gar dorthin zu ziehen.
(Beifall BVB/FW)
Aber: Von allein wird die Bundesregierung die eingesparten Mittel mit Sicherheit nicht in die Lausitz investieren. Da braucht es schon einen gewissen Druck aus Brandenburg – also von uns allen hier, liebe Kollegen. Daher wollen wir die Landesregierung beauftragen, sich im Fall einer Kürzung der LEAG-Entschädigungen im Bundesrat für den Einsatz der eingesparten Mittel in der Lausitz einzusetzen.
(Beifall BVB/FW)
Unterstützen Sie das – für die Lausitz, für die Menschen in der Lausitz und für Brandenburg. – Danke schön.