Péter Vida zum Gesetzentwurf von BVB/Freie Wähler „Änderung zum Kommunalabgabengesetz“ vom 26.02.2020

26. Feb. 2020

Link zum Vorgang: https://www.bvb-fw-fraktion.de/parla_tracking

Rede von Péter Vida in Textform:

Herr Abg. Vida (BVB/FW):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! BVB / FREIE WÄHLER geht weiter den Weg der kommunalen Kostenkontrolle und der Beitragsentlastung der Bürger.

(Beifall BVB/FW)

Es braucht eine kritische und vor allem zeitgemäße Betrachtung des Kommunalen Abgabengesetzes. Nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge und der Änderung der Verzinsung – das waren materielle Schritte, die überfällig waren – braucht es jetzt eine Diskussion um einen prozessualen Aspekt. Die Diskussion um die Altanschließerbeiträge hat uns eindeutig gezeigt: Es braucht planmäßig das Recht zu Musterklagen in Brandenburg. Diese Erfahrung der letzten Jahre wird niemand ernsthaft leugnen.

(Beifall BVB/FW)

Die Hunderttausende von Widersprüchen, Zehntausende von Klagen, die Diskussion um Staatshaftung – Ja oder Nein? -, der eine bekommt sein Geld zurück und der andere nicht – das alles wäre mit Musterklagen vermeidbar gewesen.

Auch braucht es generell im Bereich der öffentlichen Abgaben die Möglichkeit einer rechtssicheren und aufwandsarmen Überprüfung der Bescheide. Derzeit werden die Widerspruchsführer ausgesiebt, nur wenige bleiben übrig, nur wenige trauen sich zu klagen. Da nützt es auch nichts, den Leuten zu sagen, sie hätten ja das Recht dazu. Sie wissen, wie die Lebenswirklichkeit ist: Wenige trauen sich, Widerspruch einzulegen; nach dem Widerspruchsbescheid gehen dann sehr wenige vor Gericht – mit denen werden dann manchmal Vergleiche geschlossen oder sie gewinnen, und die anderen schauen in die Röhre. Viele haben Recht, aber nur die wenigsten bekommen Recht, weil sie den jahrelangen Weg nicht beschreiten können, sich nicht trauen oder es sich nicht leisten können, ihn zu gehen.

Gerade bei den auf dem Kommunalen Abgabengesetz beruhenden Bescheiden gibt es besonders viele gleichgelagerte Fälle. Sie eignen sich also besonders, um Musterverfahren durchzuführen.

Die Vorteile liegen auf der Hand. Erstens: Der Bürger bekommt die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringem Aufwand die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Nicht mehr das Kostenrisiko, sondern nur noch die Frage der Rechtmäßigkeit entscheidet darüber, ob man gewinnt oder nicht.

Auch die Verbände und Gemeinden haben dann keine Flut von Klagen mehr zu befürchten, sondern sie erhalten eine detaillierte, qualifizierte Klage, die alle Aspekte beleuchtet und sich intensiv mit den Gegebenheiten auseinandersetzt. Dadurch erleiden die Gemeinden keine Einnahmeeinbußen, sondern es findet eine detaillierte Überprüfung der Rechtmäßigkeit in einem Präzedenzverfahren statt.

(Beifall BVB/FW)

Drittens: Die Verwaltungsgerichte werden massiv entlastet, mit einer Flut von Klagen verschont. Stattdessen wird in einem tiefgründigen Verfahren die Rechtslage für eine bestimmte Gruppe von Betroffenen geklärt.

(Beifall BVB/FW)

Das führt ganz klar zu einer Steigerung der Akzeptanz von Verwaltungsentscheidungen, weil in einem Verfahren alles detailliert beleuchtet und ausgeurteilt wird. Dadurch entsteht ein größeres Verständnis der Bevölkerung dafür. Und das Ganze wird deutlich beschleunigt. Es hängt nicht mehr davon ab, an welcher Stelle des Alphabets sein Name steht oder in welchem Ortsteil man wohnt, sondern ein Musterverfahren entscheidet alle Fälle.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

In diesem Landtag sind in für mich völlig unverständlicher Weise – aber so ist das – viele Vorstöße inhaltlich abgelehnt worden. Heute geht es um keine materielle Frage, sondern um einen rein prozessualen Schritt, eine Erleichterung zur Überprüfung, ob ein Bescheid in einem Masseverfahren – das es ja meist ist – rechtmäßig ist oder nicht. Die Einnahmemöglichkeiten, die Festsetzungsregeln der Gemeinden werden durch diesen Antrag nicht geändert. Lediglich die Überprüfung, ob eine Reihe von Bescheiden rechtmäßig ist oder nicht, wird erleichtert.

(Beifall BVB/FW)

Aktuell hängt die Durchführung von Musterklagen von der Zustimmung der Gemeinde und des Zweckverbands ab. Das wird immer als großes Entgegenkommen dargestellt, doch die Realität sieht anders aus: Die meisten Verbände und Gemeinden haben die Musterverfahren im Rahmen der Altanschließerbeiträge und der Straßenausbaubeiträge nicht zugelassen. Das wird auch dadurch nicht anders, dass der eine oder andere Nachredner mir sagen wird: Bei uns war das aber so. – Wir reden von einer abstrakten Regelung für das ganze Land, und in der großen Masse der Fälle ist es eben nicht so.

(Beifall BVB/FW)

Und bevor das scharfe Schwert der kommunalen Selbstverwaltung geschwungen wird: Das hat nichts mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun. Es geht hier um die einheitliche Anwendung von Beitragsrecht, und nur die prozessualen Möglichkeiten sollen leichter zugänglich sein.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Zeschmann [BVB/FW])

Das heißt, in das Recht der Kommunen, die Bescheide zu erlassen bzw. den Ausbau zu wählen, wird nicht eingegriffen. Meine Damen und Herren, auch wenn Sie andere Anträge von uns in der Sache nicht unterstützen mögen: Niemand kann bestreiten, dass wir im Bereich der Kommunalabgaben in Brandenburg erhebliche Probleme hatten und haben – eine Flut von Urteilen, teilweise sich widersprechend, gravierende Gesetzesänderungen -, auch bevor es FREIE WÄHLER gegeben hat. Dies gebietet, den Bürgern etwas entgegenzukommen. Ich fände es nicht gut, wenn weiter auf die Angst der Bürger vor Gerichtskosten gesetzt würde, um damit Gerichtsverfahren zu vermeiden. Ich glaube, es ist nicht gut, in diesem sensiblen Bereich so mit den Bürgern umzugehen.

(Beifall BVB/FW)

Deswegen hat auch der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern bereits vor 15 Jahren die Möglichkeit des Musterverfahrens eingeführt und macht seitdem sehr gute Erfahrungen damit. Ich glaube, es braucht nach den Erfahrungen der letzten Jahre, insbesondere der letzten fünf Jahre, die planmäßige Verbesserung bei der Überprüfbarkeit der Rechtmäßigkeit von Kommunalabgaben. Hierzu leisten Musterverfahren einen sehr praktikablen Beitrag, ohne dass die Gemeinden Einnahmeausfälle zu erwarten oder zu befürchten hätten. Das heißt, sie sind eine Möglichkeit, die vielen nützt und keinem schadet. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.

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